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DDR-SPD will deutsche Einheit noch in diesem Jahr

■ Verhandlungen gleich nach den Märzwahlen / Abrüstungsfahrplan der beiden SPDs vorgestellt / KSZE soll militärische Stärke Deutschlands vereinbaren / Bahr denkt an Status als „assoziiertes Nato-Mitglied“ / Alliierte „Restrechte“ auf europäische Institutionen übertragen

Ost-Berlin (taz) - Die SPD/DDR strebt die staatliche deutsche Einheit noch in diesem Jahr an, das erklärte ihr zweiter Sprecher, Markus Meckel, gestern. Anlaß der Pressekonferenz war die Veröffentlichung der - wie Egon Bahr erklärte - ersten gemeinsamen außenpolitischen Erklärung der beiden SPDs, die abrüstungs- und bündnispolitischen Fragen gewidmet war.

Der Zeitplan der Sozialdemokraten für die europäische Einbindung der deutschen Vereinigung unterscheidet sich nur marginal von der Konzeption, die von Kohl vertreten wird: Nach den Volkskammerwahlen am 18. März sollen die beiden deutschen Regierungen unverzüglich Verhandlungen aufnehmen, „um gemeinsame Positionen für eine Konferenz mit den Vier Mächten vorzubereiten“.

Eine Konferenz der sechs Staaten, die den sicherheitspolitischen Rahmen für den deutschen Gesamtstaat abstecken würde, sollte dann bereits in der zweiten Aprilhälfte beginnen. Endgültiges wäre auf der KSZE -Konferenz im Herbst 1990 zu vereinbaren, wobei die beiden SPDs fordern, daß in der Zwischenzeit „alle Nachbarn Deutschlands“ eingeladen werden, ihre Vorstellungen einzubringen. Ein vereintes Deutschlands könne „weder Mitglied der Nato noch des Warschauer Paktes sein“, so die Erklärung. Auf Nachfragen erläuterte Egon Bahr, daß er sich einen Status Deutschlands als assoziiertes Mitglied der Nato - ohne Eingliederung in die Befehlsstruktur - vorstelle.

Gesamttruppenstärke:

190.000 Mann

Die militärische Stärke Deutschlands sollte auf der KSZE -Konferenz vereinbart werden. Bahr nannte als Denkmodell eine Gesamttruppenstärke von 190.000 - entsprechend dem Bush -Vorschlag zur Stärke der sowjetischen Truppen und der US -Truppen in Europa. W. Romberg, als SPD-Vertreter Minister in der Regierung Modrow, sprach von 125.000 Mann: 25.000 aus der EX-NVA, 100.000 aus der Bundeswehr.

Auf dem Weg zu der anvisierten Gesamttruppe - so die „Erklärung“ - sollten die beiden deutschen Regierungen folgende Vereinbarungen treffen: einen Verzicht auf die Modernisierung atomarer Waffen; eine Verkürzung der Wehrdienstzeit auf 12 Monate; einen Tiefflugstopp, eventuell unter Einschluß der Tschechoslowakei und gemeinsame Maßnahmen zur Rüstungskonversion.

Den Abschluß eines Friedensvertrages erachtet Bahr persönlich nicht unbedingt für nötig. Die „Restrechte“ der vier Alliierten könnten auch - so erklärte er auf Nachfrage

-durch eine „feierliche Erklärung“ der Vier auf europäische Institutionen übertragen werden.

Walter Süß

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