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„Frösche und IchundIch“

■ Freie Volksbühne: Intendant Neuenfels räumt den Chefsessel / „Tatbestand der Erpressung“

Die Erpresser und das Opfer: so stellte der Intendant der Freien Volksbühne Hans Neuenfels gestern den Konflikt um seinen Chefsessel dar - und warf das Handtuch. Ab dem 31. März 1990 will er der angeschlagenen Traditionsbühne nicht mehr als Intendant und Regisseur zur Verfügung stehen.

In der Tat geht Neuenfels nicht freiwillig: Weil man einen Intendanten nicht einfach an die Luft setzen kann, hatte der Senat ganz unfein und über die Kultursenatorin hinweg gedroht, keine Mark Subvention mehr in die Schaperstraße zu schicken, wenn der glücklose Neuenfels nicht das Weite suche. O-Ton Neuenfels dazu: „...die (rechtlich nicht mögliche) Entlassung des Intendanten zu fordern gegen das Versprechen, bei Aufgabe der Leitungsfunktion die Zahlung fortzusetzen, dürfte den Tatbestand der Erpressung erfüllen.“ Jeder Privatmensch, so das „Opfer“ (Neuenfels über Neuenfels), müßte angesichts solchen Gebarens „strafrechtliche Folgerungen“ befürchten. Weil der Intendant aber nicht schnurstracks zum nächsten Polizeiabschnitt laufen und die SenatorInnen hinter Schloß und Riegel bringen lassen kann, will er mit folgenden Bedingungen weichen: Das Intendantengehalt wird bis 31. Juli 1991 weiter überwiesen. Die Gagen für drei vereinbarte weitere Regiearbeiten bleiben in der Theaterkasse - und als letztes Opus geht anläßlich des 100. Volksbühnen-Geburtstages am 24. März 1990 Neuenfels‘ vorläufig letzte Regiearbeit über die Bühne. Titel des Abschiedswerks: Die Frösche und IchundIch. Kultursenatorin Martiny betonte dazu gestern - wie der geschaßte Intendant selbst - dessen persönliche Integrität, nannte alles erleichtert „diskutabel“ und wartet nun mit ihren Millionen auf Vorschläge für die Zeit danach...

tom

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