: Kein Rausschmiß
■ Altfallregelung für polnische StaatsbürgerInnen in Berlin / Innensenator Pätzold will Weisung für Flüchtlinge aus osteuropäischen Ländern nachbessern
Ein kleiner Triumph inmitten deutschtümelnder Bonner Politik und Gesamtberliner Hauptstadt-Visionen: Statt der befürchteten Massenausweisung polnischer StaatsbürgerInnen aus Berlin, Konsequenz einer Weisung von Innensenator Pätzold vom Dezember letzten Jahres, sollen mit Hilfe einer Altfallregelung alle PolInnen bleiben dürfen, die vor dem 1.Dezember 1989 nach Berlin eingereist sind. Dies taten sie im Vertrauen auf die bis dahin geltende Berliner Praxis: Auch nach Ablehnung des Asylantrages erhielten PolInnen in Berlin eine Duldung - eine Sonderregelung noch aus Zeiten des alten CDU/FDP-Senats. Dieses Verfahren ist nun weiterhin gültig. Wer allerdings nach dem 1.Dezember 1989 in Berlin Asyl beantragt hat, wird in Zukunft nach den geltenden ausländer- und asylrechtlichen Bestimmungen behandelt - und muß im Fall seiner Ablehnung mit der Abschiebung rechnen.
Anfang Januar hatte die Ausländerbehörde begonnen, Ausreiseaufforderungen an polnische StaatsbürgerInnen zu verschicken. Betroffen waren PolInnen, die am Stichtag noch keine fünf Jahre hier lebten, oder nur geduldet wurden, weil sie keine legale Arbeit nachweisen konnten. Grundlage war ein Beschluß der Innenministerkonferenz vom April letzten Jahres, wonach nun auch ehemalige Asylbewerber aus dem Ostblock abzuschieben sind. Davon betroffen waren nach Schätzungen des Polnischen Sozialrates und der Innenverwaltung rund 5.000 PolInnen, die noch im Vertrauen auf die alte Praxis eingereist waren.
Mit der Altfallregelung kam die Innenverwaltung der Forderung des Ausländerausschusses nach, der gestern zu einer Sondersitzung zusammentrat. Auf die Zustimmung der CDU mußten die Fraktionen der SPD und der AL allerdings verzichten. Der Abgeordnete der CDU, Wruck, sah sich zu einer Unterstützung nur in der Lage, wenn gleichzeitig die Zuzugsbeschränkungen für ÜbersiedlerInnen nach West-Berlin aufgehoben würden.
anb
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