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Trennung von Staat und Kirche-betr.: "Islamische Schule geplant", taz vom 31.1.90

Betr.: „Islamische Schule geplant“, taz vom 31.1. 90

Religions- und Weltanschauungsunterricht an staatlichen Schulen in Trägerschaft von Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften widerspricht dem Verfassungsprinzip der Trennung von Staat und Kirche; dies insbesondere dann, wenn ein solcher Unterricht fast 100prozentig aus Steuergeldern und nicht etwa aus den Milliardeneinnahmen an Kirchensteuern finanziert wird. Die christlichen Großkirchen genießen in der BRD Privilegien wie in keinem anderen europäischen Land. Wenn jetzt Moslems eine Gleichstellung mit den christlichen Kirchen und die Einführung eines islamischen Religionsunterrichts an staatlichen Schulen fordern, so ist das aus ihrer Sicht verständlich.

Für den modernen Staat hingegen ist abzusehen, daß bei Preisgabe seiner weltanschaulich-religiösen Neutralität auch demokratische Strukturen abgebaut werden. Religions- und Weltanschauungsfreiheit ist ein Grundrecht jedes Menschen. Es bedeutet jedoch nicht, daß sich Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in staatliche Belange (wie das Schulwesen) einmischen und dort eigene Veranstaltungen auf Staatskosten aufziehen können! In der BRD hat man die Trennung von Staat und Kirche/Religion in der Praxis zugunsten der christlichen Großkirchen längst aufgegeben. Jetzt verlangen andere Religionsgemeinschaften und Sekten die gleichen Rechte und bringen den Staat damit in eine aussichtslose Situation: Einerseits darf er Moslems nicht verweigern, was er den christlichen Großkirchen gewährt. Andererseits kann und darf er sich nicht in die ureigensten Angelegenheiten der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften hineindrängen. Was beispielsweise die Einrichtung einer islamischen Schule in West-Berlin betrifft, so ist hier jede staatliche „Regelung“ problematisch, weil es eben nicht Aufgabe des Staates sein kann, religiöse Belange zu regeln und zu finanzieren. Er hat lediglich die Weltanschauungs- und Religionsfreiheit zu gewähren, somit auch eine Gleichstellung von Moslems/Mosleminnen, ChristInnen oder AtheistInnen.

Es gibt nur eine vernünftige Lösung für das Dilemma, das sich aus der Privilegierung der christlichen Großkirchen ergibt: Trennung von Schule und Religion, wie sie auch der Freidenkerverband (taz vom 31.1.90) gefordert hat - ohne dabei allerdings seinen eigenen Widerspruch aufzudecken: Der Freidenkerverband finanziert seinen „Lebenskundeunterricht“ an einigen öffentlichen Schulen West-Berlins ausschließlich aus Senatsmitteln. Als Weltanschauungsverein müßte er nähme er seine eigene Forderung ernst - für den von ihm erteilten „lebenskundlichen“ Unterricht finanziell ebenfalls selbst geradestehen.

Frank Schütte, Berlin, für den Vorstand des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten

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