: Kaninchen und Schlange
■ Die DDR-Presse sucht das Positive nach den Bonner Gesprächen - und findet es!
Berlin (taz/ap/dpa) - Die Zeitungen der DDR werten den Empfang von Modrow und seiner Regierungsdelegation in Bonn samt den Gesprächen vorwiegend positiv unter der Maßgabe: Wer mehr erwartet habe, habe so, wie die Machtverhältnbisse nun mal lägen, Illusionen gehabt.
'Berliner Zeitung‘ (unabhängig):
„Wer Kohl und Modrow sah, wurde gerade dann an Schlange und Kaninchen, an Krösus und Bettler erinnernt, wenn der Begriff „Währung“ fiel... Bei allem, was sich hüben wie drüben jetzt in währungspolitischer Hinsicht äußert, werden fast ausschließlich ökonomische Fakten genannt werden, Für und Wider abgewogen - aber 16 Millionen Menschen, die sich Klarheit über ihre Zukunft wünschen, deren Ängste langsam überschwappen und von denen keiner weiß, wohin sie sich entwickeln - sie stehen im Regen. (...) An der Währungs- und Wirtschaftsunion BRD/DDR führt kein Weg vorbei... Gut organisiert, harte Arbeit, volle Anerkennung des Leistungsprinzips und damit wachsende Produktion bei besserer Erzeugnisqualität - das sind die Kriterien, an denen Manager zu messen sein werden, an denen die DDR -Wirtschaft genesen kann.“
'Junge Welt‘ (FDJ):
„Zwar gab Bonn weder grünes Licht für die von der DDR gewünschte 15-Milliarden-DM-Hilfe, noch kamen die Gesprächspartner in der Frage der NATO-Mitgliedschaft eines vereinten Deutschlands weiter. Trotzdem hat der Besuch sowohl für den Besuch sowohl für den Prozeß der deutschen Einigung wie für die innenpolitische Stabilisierung der DDR seine Bedeutung. Da ist zum einen die Tatsache, daß der DDR -Regierungschef von den neuen Kabinettsmitglieder, Repräsentanten der außerparlamentarischen Opposition, begleitet wurde... Zum andern sind die jetzt anberaumten Verhandlungen über eine Währungsunion und Wirtschaftsgemeinschaft der Einstieg in eine zukünftige deutsche Konföderation. Die wirtschaftliche Sanierung der DDR, um die es dabei besonders geht, muß verhindern, daß unser Land zum zukünftigen Armenhaus Deutschlands wird. Das Klima für den Besuch, des DDR-Premiers in Bonn, das sollte keinesfalls verschwiegen werden, war alles andere als günstig. Modrow sei - obwohl ihm von allen Seiten Lauterkeit bescheinigt wird - an der unteren Schwelle der Höflichkeit behandelt worden, und mit den neuen Ministern wußte man gleich gar nichts anzufangen, meinen hier nicht wenige... Der Wahlkampf in beiden deutschen Staaten wirft seine Schatten.“
'Neues Deutschland‘ (PDS):
„Bloße Anschlußgedanken und eine Währungsunion auf Biegen und Brechen - das hat mit verantwortungsbewußtem Herangehen an die komplizierten und komplexen Probleme und Fragen nichts zu tun. In dieses Bild paßt auch die Weigerung Bonns, der DDR-Bevölkerung mit einem sofortigen Solidarbeitrag beizuspringen... Trotz solcher eindeutigen Defizite haben die Verhandlungen ... entscheidende politische Ergebnisse gebracht... An die verantwortungsvolle Arbeit der Experten knüpft sich die Erwartung, daß an den Nöten der Menschen nicht vorbeigeredet wird.“
'Neue Zeit‘ (Ost-CDU):
„Wer will es der Bonner Regierung verübeln, bei den noch immer relativ unklaren Verhältnissen in der durch 40 Jahre SED-Mißwirtschaft schwer geschädigten DDR-Ökonomie und der im Hinblick auf Währungsunion abblockenden Haltung des Runden Tisches zunächst einmal quasi mit 'Samthandschuhen‘ zu Werke zu gehen...“
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