Stadtwerke beerdigen Atomstrom-Ausstieg

■ Drei Gutachten sollen belegen: Preag kann nicht zur Nullösung gezwungen werden

Bremen wird weiterhin Atomstrom beziehen. Dies verkündete ein recht zufriedener Stadtwerke-Chef Günter Czichon gestern vor der Presse, nachdem die Stadtwerke in den vergangenen Wochen drei dickleibige Gutachten ausgewertet hatten. Grund für des Vorstands-Vorsitzenden Zufriedenheit: Czichon sieht durch die Gutachten all diejenigen widerlegt, die den Stadtwerken in Sachen Atomausstieg immer eine zögerliche Unternehmenspolitik vorgeworfen haben. Sein Fazit: „Man kann Kernenergie für noch so schrecklich halten, es geht nicht ohne.“

Daß Bremen nicht ohne Bezug von Atomstrom auskommt, war seit längerem klar. Denn im Walzwerk von Klöckner werden in den Spitzen Strommengen benötigt, die aus Bremer Kraftwerken nicht aufzubringen sind. Deshalb beziehen die Stadtwerke 10 Prozent des im Vorjahr von ihnen erzeugten Stroms von der Preag, die wiederum zwei Drittel ihres Stroms in Atomkraftwerken erzeugt. Zu untersuchen war jetzt, ob die Preag verpflichtet werden könnte, diese 10 Prozent wieder aus Bremer Kraftwerksproduktion zurückzunehmen, damit in der Summe kein Atomstrom gebraucht wird. Alle drei Gutachter sind der Ansicht, daß dies juristisch nicht durchzusetzen ist.

Daneben untersuchten die Gutachter auch die Frage, ob der Strombezug von der Preag auf acht Prozent verringert werden

kann. Während der von den Stadtwerken beauftragte Gutachter Edwin zu dem Ergebnis kommt, daß weniger Preag-Strom für die Stadtwerke teurer wird, will Gutachter Apfelstaedt, der erst nach politischen Querelen und dann vom Energiebeirat und Stadtwerken gemeinsam beauftragt wurde, sich dazu nicht abschließend äußern, da „die zur Beurteilung relevanten Fakten betriebsinterna sind.“

Trotz einer Absage an die Stromrücklieferung an die Preag kommt Gutachter Apfelstedt, der

als atomkritisch gilt, zu Ergebnissen, die den Stadtwerken neue Handlungsstrategien ermöglichen. Um statistisch auf Null Prozent Atomstrom zu kommen, empfiehlt er, daß sich die Stadtwerke künftig am europäischen Verbundnetz beteiligen und so den in Bremen zuviel erzeugten Strom einspeisen können. Um die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, wäre der Bau eines 65 Megawatt Kohlekraftwerks erforderlich. Des weiteren empfiehlt Apfelstedt mit den Umlandgemeinden über Stromab

nahme zu verhandeln. Die Stadtwerke scheuen sich bislang vor so einem Schritt, weil sie fürchten, daß die Preag, quasi als Rache, dann einen direkten Vertrag mit der Klöckner -Hütte abschließen könnte. Dies hält Apfelstedt jedoch für unzulässig.

Auf diese gutachterlichen Handlungsstrategien ging Czichon gestern nur am Rande ein. Für ihn sind das „vernünftige Anregungen“, die aber nur „sehr, sehr langfristig“ umgesetzt werden könnten.

Holger Bruns-Kösters