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Bush gab den Andenstaaten keine Chance

Die hohen Erwartungen von Kolumbien Peru und Bolivien an den Drogengipfel mit den USA wurden erwartungsgemäß enttäuscht / Verschärfte Repressionen gegen die Kokshersteller beschlossen, aber die USA wollen nur geringe Ausgleichszahlungen leisten  ■  Aus Cartagena C. Krauthausen

„Hauptsache, sie meinen es ernst“, meinte Justo Silva Ballon, Sprecher der peruanischer Koka-Bauern Perus zu den Ergebnissen der Drogengipfelkonferenz. Die „Deklaration von Cartagena“, mit der am Donnerstag das Treffen der Präsidenten Boliviens, Perus, Kolumbiens und der USA in der kolumbianischen Karibikstadt endete, läßt allerdings Zweifel an dieser Hoffnung zu. US-Präsident George Bush erfüllte die hohen Erwartungen der Andenländer nicht. Weder sagte er Bolivien und Peru großzügige wirtschaftliche Hilfspakete zu, noch willigte er ein, die Handelssperren auf kolumbianische Exportprodukte, wie Schnittblumen und Zucker, aufzuheben. Stattdessen blieb alles auf der Ebene formaler Absichtserklärungen.

Die USA, so Bush, seien „dazu bereit, mit den Andenländern in einer weiten Spanne von Entwicklungs-, Handels- und Investitionsinitiativen zusammenzuarbeiten, um auf längere Sicht das wirtschaftliche Wachstum zu stärken“. Konkrete Ziffern enthält die Abschlußdeklaration nicht. Die USA verpflichten sich lediglich, den Kongreß für die Haushaltsjahre 1991 bis 1994 um neue Mittel für die Drogenbekämpfung zu ersuchen. In diesem Jahr plant George Bush, 420 Millionen Dollar an wirtschaftlicher und militärischer Hilfe für die drei Andenstaaten auszugeben. Das reicht ganz sicher nicht aus, „um eine breit angelegte agrarische Entwicklung, den Export nicht-traditioneller Produkte und die Verstärkung der produktiven Infrastruktur zu unterstützen“, wie es die „Deklaration von Cartagena“ vorsieht. Auch wenn die Kompensationszahlungen gering sein werden - an verschärfenden Maßnahmen gegen den Drogenhandel wurde eifrig gebastelt. Die Streitkräfte „könnten innerhalb ihres eigenen Territoriums“ den Drogenhandel bekämpfen, auch „multilaterale und bilaterale Übereinkünfte zur Kooperation“ soll es geben. Die USA sind dazu bereit, für die Ausrüstung und die Ausbildung des Personals zu sorgen. Von der geplanten Radarkontrolle auf kolumbianischen Gewässern oder anderen militärischen Einsätzen der USA in den Andenstaaten scheint Bush - zumindest offiziell - Abstand genommen zu haben. Die vier Vertragspartner verpflichteten sich zu einem Informationsaustausch zwischen ihren Geheimdiensten. Die USA wollen mit den Andenländern „kooperieren“, um den Waffenschmuggel nach Lateinamerika zu verhindern. Gegen die Geldwäsche illegaler Dollar aus dem Drogengeschäft sollen „energische Strafen“ verhängt werden. Die Produktion und der Export von Chemikalien, die für die Kokainherstellung notwendig sind, sollen „stärker kontrolliert“ werden. So viele schöne Absichtserklärungen - doch in den Punkten, die die USA betreffen, fragte sich Perus Präsident Alan Garcia mit Recht auf einer Pressekonferenz: „Where is the beef?“ „Wo ist das wirklich Wichtige?“ George Bush focht das nicht an: Nach Abschluß der Gespräche triumphierte der Panama -erprobte Krieger verräterisch, in Cartagena ein „Anti -Drogenkartell“ gegründet zu haben.

Die Präsidenten der Andenländer werteten bereits als einen Erfolg, daß die USA unverbindlich anerkannten, einen Rückgang des Drogenhandels könne es nicht geben, wenn nicht die Nachfrage der Konsumenten „bemerkenswerter abnähme“. Alan Garcia sah in diesem Zugeständnis einen wichtigen „Konzeptwechsel“ in der Politik der USA. Garcias Hoffnung, daß es weitere „multilaterale Verhandlungen“ geben würde, beispielsweise bei der Auslandsverschuldung Lateinamerikas, setzte George Bush prompt einen Dämpfer auf: „Wir werden auf bilateraler Ebene arbeiten, da wir verschiedene Probleme haben.“ Die Andenstaaten dürften ihre Chance verspielt haben, vereint dem Druck der USA entgegenzutreten.

Der Drogenhandel wird unvermindert weitergehen, solange die Nachfrage steigt. Die kolumbianischen Kokainbosse hatten auf die Weltöffentlichkeit des Gipfeltreffens gesetzt, als sie am Wochenende in einer spektakulären Aktion drei Großlaboratorien im Urwald übergaben. Seit Mitte Januar signalisiert das Drogenkartell von Medellin immer wieder seine Bereitschaft, den Kokainhandel einzustellen. Im Gegenzug fordert es bislang nur, daß die kolumbianische Regeirung aufhört, gefaßte Drogenhändler an die USA auszuliefern. Über diesen für Kolumbien zentralen Punkt steht in dem Abschlußkommunique jedoch nichts. Präsident Virgilio Barco dementierte lediglich Gerüchte, nach denen seine Regierung bereits mit dem Kartell verhandeln würde. Doppeldeutig fügte er hinzu, die Kokainhändler „müßten sich den kolumbianischen Gesetzen unterwerfen“.

Die Bewohner Cartagenas dürften von den Ergebnissen enttäuscht sein. Gegenüber dem pompös inszenierten Gipfel verhielten sie sich eher gleichgültig, wahrscheinlich hatten sie schon früh erkannt, daß der Präsidentenzirkus nichts Bedeutendes hervorbringen würde. Eine Hoffnung aber hatten sie: Das US-Außenministerium sollte eine im Zuge des Drogenkrieges ergangene Warnung vor Reisen nach Kolumbien wieder zurücknehmen. Durch solcherlei Warnungen mußte Cartagena in den letzten Monaten auf rund 160.000 ausländische Reisende verzichten. Eine Katastrophe für eine der schönsten Städte Lateinamerikas, die vom Tourismus lebt. Aber selbst in diesem peripheren Verhandlungspunkt konnte keine Übereinkunft erzielt werden.

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