: Pudding-Boykott droht
■ Oetker-Konzern will einen unbequemen Dezernenten loswerden / Die Ehefrau im Stadtrat macht's möglich
Berlin (taz) -In den Streit zwischen dem Bielefelder Umweltdezernenten, Uwe Lahl, und dem Oetker-Konzern um die Lebensmittel-Überwachung in der ostwestfälischen Stadt mischen sich jetzt auch die Verbraucherverbände ein. Der Bundesvorsitzende der Verbraucher-Initiative, Gerd Billen, kündigte jetzt einen „bundesweiten Boykott“ von Oetker -Produkten an, falls der Bielefelder Stadtrat seinen Entschluß, dem Dezernenten die Lebensmittel-Überwachung zu entziehen, nicht rückgängig mache.
Uwe Lahl, als städtischer Dezernent auch für die Lebensmittel-Überwachung zuständig, führt derzeit vier Prozesse gegen den Pudding-Konzern wegen Mogelpackungen und irreführender Angaben über den Inhalt von Dr. Oetkers Fertigprodukten. Oetker ist der größte Steuerzahler der Stadt. Seit der letzten Kommunalwahl sitzt die Ehefrau des Konzernherrn Rudolf-Adolf Oetker als Abgeordnete der neugegründeten „Bürgergemeinschaft für Bielefeld“ im Stadtrat. Mit Maja Oetker als Nummer Zwei auf seiner Liste, kam das Law-and-Order-Bündnis 1989 auf Anhieb auf 9,6 Prozent der Stimmen. Die CDU/FDP/Bürgergemeinschaft -Koalition löste mit einer Stimme Mehrheit die rot-grüne Stadtregierung ab. Mit einer neuen Dezernatsverteilung will die schwarze Koalition nun die Verwaltung auf Kurs bringen. Per Ratsbeschluß wurden zwei unliebsamen Dezernenten wichtige Bereiche entzogen.
Lahl mußte neben dem Gesundheitsamt auch die Lebensmittel -Überwachung abgeben. Wegen „Befangenheit von Frau Oetker“ reichte er gegen den Beschluß Klage ein: noch könne sich ein Konzern nicht selbst aussuchen, wer die Lebensmittel -Überwachung leite. Der grüne Dezernent kündigte an, er wolle durch alle Instanzen gehen; die Frage, „wo die Befangenheit von Frau Oetker anfängt“, sei für ihn eine der wichtigsten dieser Legislaturperiode. Die Stadt Bielefeld ließ sich vor Gericht durch den ehemaligen Leiter der Dr. Oetker-Rechtsabteilung vertreten. Und der befand: Maja Oetker im Stadtrat habe mit dem Oetker-Konzern zu Hause nichts zu tun, schließlich habe sie mit dem Pudding -Unternehmen keinen Arbeitsvertrag abgeschlossen.
bm
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