: Lebendige Laboratorien
Helga Satzinger vom Internationalen Feministischen Netzwerk gegen Gen- und Reproduktionstechnologien ■ I N T E R V I E W
taz: Was kritisiert ihr an der Gesetzesvorlage für ein Embryonenschutzgesetz?
Helga Satzinger: Das Gesetz tut so, als ob es Embryonen schützen will aber real wird damit Forschung an der Frau legitimiert. Denn gentechnische Verfahren sind in dem Entwurf nicht ausdrücklich verboten, zum Beispiel die Mikroinjektion von Spermien in die Eizelle. Den Effekt, den diese Manipulation hat, kann man erst während der Schwangerschaft feststellen. Das heißt, das Experiment wird in der Frau gemacht. Ein weiterer problematischer Punkt in dem Entwurf ist der Zugriff auf die Fortpflanzungsfähigkeit der Frau. Hier werden Grundlagen für die eugenische Kontrolle gelegt. Das ist ein Skandal. So darf man zum Beispiel eine Geschlechtswahl treffen, um zu verhindern, daß ein Kind mit einer Erbkrankheit oder Behinderung auf die Welt kommt. Der Paragraph drei im geplanten Embryonenschutzgesetz ist nichts anderes als ein Paragraph zur Verhütung erbkranken Nachwuchses.
Was fordert ihr vom Gesetz geber?
Daß er wissenschaftliche Entwicklungen stoppt, die zu einer Auslese von Menschen führen und die für Frauen noch mehr Kontrolle über ihre Fortpflanzungsfähigkeit bedeuten. Das heißt, Frauen dürfen nicht als lebendige Laboratorien vernutzt werden, um in ihnen die Embryonenforschung zu machen, die man im Labor nicht machen darf. Frauen dürfen nicht benutzt werden als Rohstoffquelle für die Pharmaproduktion. Und aus embryonalem Gewebe oder Zellen dürfen keine Organe hergestellt werden. Frauen dürfen auch nicht, wie es jetzt in Australien mit hirntoten Frauen praktiziert werden soll, als Ausbrüterinnen von Organen benutzt werden. Wenn bestimmte Embryonen als nicht entwicklungsfähig definiert werden, dann kann man aus ihnen vielleicht Nieren oder Herzen gewinnen. All das darf nicht passieren.
Interview: Michaela Eck
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