: Geldwäsche vor Gericht
■ In der Schweiz begann Prozeß gegen Ex-Justizministerin Kopp / Im Hintergrund Skandale um Geldwäsche und Staatsschutz
Lausanne (taz) - Als erstes Regierungsmitglied der Schweiz muß sich seit Montag Ex-Justizministerin Elisabeth Kopp vor dem Bundesstrafgericht in Lausanne wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses im Zusammenhang mit einer Geldwäscher -Affäre verantworten. Im Hintergrund des Verfahrens, das unter enormer Anteilnahme von Presse und Öffentlichkeit begann, bildet die größte bislang in der Schweiz bekannt gewordene Geldwäscheraffäre: Im Herbst 1988 liefen im Kanton Tessin die Ermittlungen gegen die „Libanon-Connection“ auf Hochtouren, ein Netzwerk aus Geldhändlern, Kurieren und Finanzinstituten, das Drogen-Dollar in Milliardenhöhe über eidgenössische Großbanken wusch.
Ins Visier der Fahnder geriet auch die Zürcher Firma Shakarchi. Als deren Vizepräsident amtierte Hans W.Kopp, bekannter Wirtschaftsanwalt, Mitglied des Zürcher Filzes und Ehegatte der Justizministerin. Am Vormittag des 27. Oktober 1988 kam es zu jener Szene einer Ehe, welche die Schweiz zwischenzeitlich an den Rand einer Staatskrise brachte: Von einer Mitarbeiterin informiert, meldete die Justizministerin ihrem Gatten telefonisch den Verdacht gegen die Shakarchi AG und wies zudem die Mitarbeiterin an, Herrn Kopp ausführlich zu unterrichten. Noch am gleichen Tag trat der Gatte aus dem Verwaltungsrat der Firma aus.
Der kurze Tip am Telefon, den die Ministerin zunächst zu verheimlichen suchte, geriet nicht nur zum Stolperstein für das erste weibliche Regierungsmitglied. Nach dem Rücktritt von Frau Kopp enthüllte eine parlamentarische Untersuchungskommission skandalöse Ungereimtheiten im Bereich der Drogenfahndung/Geldwäscherei und - quasi als Abfallprodukt - mehrere umfangreiche und bisher unbekannte Datensammlungen und Schnüffelkarteien der politischen Polizei sowie des militärischen Geheimdienstes (die taz berichtete ausführlich).
Die Skandallawine überrollte das Klischee von der alpenländischen Urdemokratie. Der Verteidigungsminister über die Stimmung in der Bevölkerung: „Ein Sturm des Mißtrauens rast über unser Land.“
th. Scheuer
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