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Keine Haftstrafen für KDVler

■ Zivildienst-Verordnung der DDR droht nur mit Verweis und Ordnungsstrafe / Freie Wahl zwischen Kriegsdienst und Ersatzdienst / Nach Grundwehrdienst Umentscheidung möglich

Berlin (epd) - Die DDR will Kriegsdienstverweigerung künftig nicht mehr kriminalisieren. Das geht aus der Zivildienst -Verordnung hervor, die der Ministerrat in der vergangenen Woche beschlossen hat und die am Donnerstag, den 15.Februar, in Ost-Berlin bekannt wurde. Darin wird bei Fernbleiben von diesem Dienst lediglich mit einem Verweis oder einer Ordnungsstrafe, nicht aber mit Haft- oder Freiheitsstrafen gedroht, wie es der Entwurf der Verordnung noch vorsah.

Kriegsdienstverweigerer mußten bislang in der DDR mit Freiheitsstrafen zwischen 20 und 24 Monaten rechnen, das Gesetz sah Freiheitsstrafen bis fünf Jahre vor. Zur Verurteilung von jungen Männern, die jeglichen Dienst in der Armee ablehnen, ist es nach Angaben kirchlicher Beobachter in Ost-Berlin seit Mitte der 80er Jahre allerdings nicht mehr gekommen.

Mit der Verordnung, die am 1.März in Kraft tritt, steht es männlichen DDR-Bürgern künftig frei, zwischen dem einjährigen Grundwehrdienst oder einem Zivildienst zu wählen. Ein Anerkennungsverfahren wie in der Bundesrepublik ist nicht vorgesehen, allerdings muß auch der Zivildienstleistende in der DDR seinen Schritt schriftlich begründen. Als Einsatzbereiche nennt die Verordnung das Gesundheits-, Sozial- und Rettungswesen sowie den kommunalen Bereich. Umweltschutz oder Versöhnungsdienste sind nicht vorgesehen. Nach den Worten der Verordnung ist der Zivildienst „sozialer Dienst am Volke“.

Im Unterschied zur Regelung in der Bundesrepublik dauert der Zivildienst genauso lange wie der Grundwehrdienst, der seit Jahresbeginn nur noch zwölf Monate beträgt und nicht mehr bis zum vollendeten 27., sondern nur noch bis zum vollendeten 23.Lebensjahr erfolgen kann.

Für beide Bereiche gilt auch, daß die Betreffenden bis zu dreimal zu einem zweimonatigen Reservedienst eingezogen werden können. Für einen Zivildienst können sich auch diejenigen noch entscheiden, die bereits ihren Grundwehrdienst ableisten oder die zu einem Reservistendienst einberufen werden.

Die Zivildienst-Verordnung macht die seit 1964 in der DDR bestehende Regelung hinfällig, wonach Wehrdienstverweigerer zu einem waffenlosen Dienst in sogenannten Baueinheiten der Volksarmee herangezogen werden können. Für Zivildienstleistende entfällt allerdings gegenüber den Bausoldaten die kasernierte Unterbringung und das Gelöbnis.

Diejenigen, die bereits den Fahneneid geleistet oder das Gelöbnis gesprochen haben und sich danach für den Zivildienst entscheiden, werden der Verordnung zufolge von den damit eingegangenen Verpflichtungen entbunden.

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