: „Frauenopfer“ Farthmann - Solidarität bis ins letzte Glied
■ FDP-Männer spenden dem SPD-Macho Friedhelm Farthmann Trost und wollen ihm „die Stange“ zu halten/ Jusos und Frauen fordern Rücktritt wegen umstrittener Äußerung
Düsseldorf (taz)-„Uns tat er einfach leid, wie er sich demütigen mußte wegen einer läppischen zotigen Bemerkung“. Zu erklären sei die „Hexenjagd“ gegen Friedhelm Farthmann, so fährt der Pressesprecher der FDP-Fraktion, Ulrich Marten, fort, ohnehin nur mit dem „neurotischen Klima“ in der SPD -Fraktion. Deshalb habe man Farthmann, dem nach Johannes Rau zweitmächtigsten Mann der NRW-SPD, einen „Solidaritätsbrief“ geschickt, um ihm ein wenig „menschlich, männlichen Trost“ zu spenden. 11 der 12 männlichen FDP-Abgeordneten und die sechs Fraktionsreferenten unterschrieben die liberale Solidaritätsadresse, denn, so Marten, „die Reaktionen auf die Farthmann-Äußerung halten wir für maßlos übertrieben“.
Dabei hatte es die „Farthmann-Äußerung“ in sich: Das einzige Kriterium , warum manche der Frauen so weit oben auf der Landesliste der SPD gelandet seien, so hatte Farthmann am Randes des SPD-Parteitages im „privaten Gespräch“ mit Journalisten polemisiert, sei, „daß die zwischen den Beinen anders aussehen als ich“. Nachdem diese Kommentierung durch den Spiegel in der letzten Woche publik wurde, gab es zunächst einen Aufschrei der SPD-Frauen und eine Unterschriftenaktion von CDU und FDP-Parlamentarierinnen. Sie verlangten von Farthmann eine Entschuldigung für die „unglaublich obszöne Äußerung“. Einen Tag später sah sich der Fraktionschef gezwungen, vom Plenumsmikrophon des Landtags aus die bis dahin strikt abgelehnte Entschuldigung zu liefern.
Die FDP-Männer können jedoch in diesem Gang der Ereignisse und in der öffentlichen Begleitmusik nur eine „Demütigung“ erkennen. Schon im Landtag war der FDP-Abgeordnete Schultz -Tornau Farthmann beigesprungen. Die Disskussion erinnere ihn an einen lateinischen Spruch aus seinem Biologieunterricht: „naturalia non sunt turpia“ - in etwas freier Übersetzung: Was natürlich ist, kann nicht obszön sein . Das Protokoll registrierte daraufhin „Heiterkeit.“ Einer Kommentatorin des WDR verging allerdings das Lachen. Der Trost der FDP Parlamentarier sei keine Solidarität, sondern Gosse. So unrecht hat sie wohl nicht, wenn man sich den letzten Satz der Solidaritätsadresse der FDP-Männer an Farthmann anschaut, der heißt: „Wir halten Ihnen die Stange.“
In der SPD mögen sich auch immer mehr nicht mit der Entschuldigung Farthmanns abfinden. Nach den Jusos fordert nun auch der Unterbezirk der Partei in Gütersloh den Rücktritt. Wer eine so „rüde Sprache“ wähle, könne nicht Fraktionschef bleiben. Die Gütersloher Partei lud Farthmann sogleich aus. Der für den 6. 4. geplante Wahlkampfauftritt fällt ins Wasser. Den Rücktritt fordern auch die Grünen, die den Konflikt auch mit „der zynischen Übermacht“ der Männer im Landtag erklären.
Walter Jakobs
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen