Bären

Bärlin (taz) - Die Berliner Filmfestspiele endeten mit keinem Eklat. Nur mit ein paar Buhrufen, als Festivalchef de Hadeln eine Extrawurst an den „mutigen Regisseur“ Oliver Stone verlieh - den Goldenen Sonderbären des 40. Jubiläums der Filmfestspiele.

Schon vor dem Festival war die Bevorzugung des kommerziellen amerikanischen Kinos in der offiziellen Festivalreihe einhellig kritisiert worden: Neun der dreißig Filme kamen aus den USA. Der Goldene Bär ging an den allgemeinen Favoriten Lerchen am Faden von Jiri Menzel (CSSR), einen Tresorfilm von 1968, und an Costa-Gavras‘ mißlungenen amerikanischen Film Music Box - eine Rechtsanwältin verteidigt ihren Vater, der sich als ehemaliger Nazischerge entpuppt. Auch der Silberne Bär für die beste gemeinsame schauspielerische Leistung ging an einen US-Film - an Jessica Tandy und Morgan Freeman für ihre Rollen in Bruce Beresfords Driving Miss Daisy. Als nichtamerikanische Filme wurden Heiner Carows Coming Out (DDR) mit dem Silbernen Bären, Michael Verhoevens Schreckliches Mädchen mit dem Silbernen Bären für die beste Regie und Kira Muratowas Asthenisches Syndrom (UdSSR) mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet.

Während die Durchschnittsqualität der diesjährigen Wettbewerbsfilme nur schlecht bis skandalös genannt werden kann, liefen in der Forumsreihe Filme, die eigentlich in den Wettbewerb gehört hätten, unter anderem der schönste Film der ganzen Berlinale, Aki Kaurismäkis Mädchen aus der Streichholzfabrik. Angesichts der katastrophalen Wettbewerbsauswahl und der Ignoranz gegenüber begabten jungen Regisseuren und Filmen aus der Dritten Welt kann man nur noch de Hadelns Rücktritt fordern.

thc/Foto: Petra Gall