: Vor Daimler auf der Huth
■ Mieter im Haus Huth wollen sich nicht von Daimler aufkaufen und rausschmeißen lassen / Jahrezehntelang hielten sie ganz allein die Stellung am Potsdamer Platz
Sie haben den größten Konzern Deutschlands zum Gegner. Trotzdem wollen sich die Mieter des Hauses Huth am Potsdamer Platz jetzt dagegen wehren, daß Daimler-Benz sie aus dem Haus schmeißt, wenn nebenan die neue Unternehmenszentrale für Dienstleistungen entsteht. Auf einer Mieterversammlung waren sich gestern abend etwa ein Dutzend Hausbewohner einig: „Der Senat darf dieses Haus nicht an Mercedes verkaufen.“ Bernhard Strecker, stadtbekannter Architekt und seit fünf Jahren Mieter im Haus: „Wir werden uns mit allen rechtlichen Mitteln wehren.“
An die 40 Menschen wohnen in dem traditionsreichen Gemäuer, das als „letztes Haus am Potsdamer Platz“ berühmt wurde. Vergangene Woche wurde die Hausgemeinschaft aufgeschreckt: Der Daimler-Konzern machte seinen Plan publik, genau hier ein riesiges Bürogebäude zu bauen und zusammen mit einem 64.000 Quadratmeter großen Grundstück auch das Haus Huth vom Senat zu kaufen. Ein Abriß des Hauses - es steht unter Denkmalschutz - ist nicht geplant; doch ein Bleiberecht für die Mieter will der Senat nicht versprechen. Mit Sicherheit werde Daimler versuchen, nach Ablauf der entsprechenden Fristen die Mieten drastisch zu erhöhen und die Wohnungen durch Büros zu ersetzen, erklärte ein Mitarbeiter des Mietervereins gestern abend den Hausbewohnern.
Jahrezehntelang hatten die Huth-Mieter ganz alleine die Stellung am einsamen Potsdamer Platz gehalten. Nur weil sich Ex-Besitzer Huth nach dem Krieg beharrlich geweigert hatte, das vom Krieg beschädigte Gemäuer an den Senat zu verkaufen, blieb es überhaupt stehen und wurde nicht abgerissen. „Bauen kann Daimler ja,“ meint Seniormieterin Margarete Marx, die seit 32 Jahren im Haus Huth wohnt: „Aber raussetzen dürfen sie uns nicht.“
Unterstützung erhoffen sich die MieterInnen von der AL, deren Delegiertenrat sich am Mittwoch abend gegen den Senatsplan aussprach, die Flächen am Potsdamer Platz an den Stuttgarter Großkonzern zu verkaufen. Diese Forderung hat allerdings wenig Aussicht auf Erfolg. Selbst in der AL -geführten Senatsumweltverwaltung hat man, so Referentin Beate Profe, „vom Prinzip her“ nichts gegen Daimlers Pläne an dieser Stelle.
Noch ist das Grundstück allerdings im Besitz des Senats. Die Fläche könne erst dann an den Konzern verkauft werden, wenn die Umweltverwaltung Rahmenpläne für den Platz vorgelegt habe, erläutert man in der Senatsbauverwaltung. Erste Pläne verspricht Profe für März; dann soll ein städtebaulicher Ideenwettbewerb folgen. Den Bauwettbewerb für das Daimler-Haus bereitet die Bauverwaltung allerdings jetzt schon vor, damit der für 1992 angepeilte Termin für den Baubeginn eingehalten wird.
hmt
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