: Grüner Antisemitismus?-betr.: "Grüne stanmpfen Gewaltbroschüre ein", taz vom 7.2.90
betr.: „Grüne stampfen Gewaltbroschüre ein“, taz vom 7.2.90
Wir nehmen uns das Recht, Geschichte und Strukturen des Patriarchats aufzudecken und zu benennen. Dies beinhaltet auch eine kritische Auseinandersetzung mit westlichen Religionen, das heißt den jüdischen und christlichen Traditionen. Im westlichen Abendland sind nun mal die Quellen das Alte Testament und der Talmud.
Beate Bongartz hat in ihrem Beitrag „Sexuelle Gewalt gegen Mädchen“ explizit zu diesem Bereich die historischen Wurzeln männlicher Gewalt benannt. Dies tat sie mit einem kurzen Exkurs über die „Geschichte“ der sexuellen Gewalt gegen Mädchen. Das dieser Exkurs keinesfalls als Abhandlung zu sehen ist, muß bei der Kürze auf der Hand liegen.
Wenn Herr Schoeps in der 'Zeit‘ in seinem Beitrag schreibt: „Im Klartext heißt das, Frau Bongartz und ihre Kolleginnen sind der Ansicht, Juden seien Kinderschänder und überhaupt Sexualverbrechen an Kindern ein 'typisches jüdisches‘ Verbrechen“, so ist diese Unterstellung falsch. Genauso falsch wie der Vorwurf, Beate Bongartz hätte „offensichtlich nur antisemitische Literatur benutzt und vielleicht gar den Stürmer als Quelle herangezogen“. So ist die Autorin Florence Rush, auf die sich Beate Bongartz bezieht, selbst Jüdin und dürfte daher kaum antisemitisch sein, sondern nur kritisch mit den Texten des Talmud umgehen.
Wir meinen, daß Schoeps zu recht sensibel auf Verdachtsmomente von Antisemitismus reagiert. Wir können allerdings nicht nachvollziehen, daß der Text von Beate Bongartz dermaßen massive und diffamierende Vorwürfe gegen die Autorin rechtfertigt.
Enttäuschend ist in diesem Zusammenhang die Reaktion des Bundesvorstandes. Wir vermissen auch vom Bundesvorstand eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Problematiken Antisemitismus und der sexuellen Gewalt gegen Frauen und Mädchen, das beinhaltet eine inhaltliche Überprüfung der gemachten Vorwürfe und zumindest den solidarischen Umgang mit Angestellten der Partei.
Sollte die Reaktion des Bundesvorstandes so formal bleiben und einzig in der Überarbeitung der Broschüre die Aufarbeitung der gemachten Vorwürfe und der Geschichte der sexuellen Gewalt gesehen werden, so ist uns das zu wenig. Wir erwarten einen offensiven und vor allem inhaltlichen Umgang mit den Themenstellungen und Interesse an der Aufdeckung gesellschaftlicher Tabus.
Die Grünen, LAG Frauen Niedersachsen: Renate Siebert, Karen Benda
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