: Außen hui, innen pfui
■ Nicht mehr lange: Die Bremer Kunsthalle wird saniert / Präsentation eines Bauabschnitts
Wirklich steht die Kunsthalle, das Bewahrungsgebäude großbürgerlichen Kunstempfindens und -förderns, auf Schutt. Alter Müll. Siegfried Salzmann, Kunsthallen-Direktor, macht das fast ein bißchen fröhlich - als würde diese Tatsache das Überdauern der Kunst erstaunlich machen. Als hätten sich die ersten Fundamentenbauer 1849/50 nichts dabei gedacht. Und was kommt dabei raus, wenn man der Zukunft kein Kunst -Zuhause baut? Risse, Nässe, Spak. Die Kunst - eigentlich ohne Verfallsdatum angelegt - existentiell bedroht!
140 Jahre hatten die Böden Zeit, sich zu neigen und unhaltbare Zustände zu schaffen. Jetzt ist man soweit: Die Kunsthalle wird für DM 2,5 Mio. saniert. Zwei Millionen steckt Bremen
der Kunsthalle zu, die halbe Million bringt der Träger, der Kunstverein, ein. Nein, das sagt Herr Dr.Dr. Blaum nicht, jovial-distinguierter Vorstandsvorsitzender, von wem zusammenkommt's immer, da sollen wir Gift drauf nehmen oder beruhigt sein, soll er vielleicht rumtratschen, mit welchem Müller oder Meier er grade verhandelt? Gott bewahre!
Aber daß erst so spät saniert wird, ist denn doch „armselig und kümmerlich“ und geht an die Adresse des Senats. Frau Heide Grape-Albers, Museumsreferentin der Kulturbehörde, fühlt sich angegriffen: Die prioritätischen Augenmerke seien eben früher auf anderes gerichtet worden als auf Bausubstanzen. „Wir wollen doch keine alten Spannungen fortsetzen“, setzt Direktor Salz
mann das Thema fort, aber wo wir gerade dabei sind: „Die meisten SPD-Städte haben einen geringen Kulturetat„; und bitte schön: Welche Stadt hat für fast umsonst eine so über ihre Grenzen hinaus bekannte privatfinanzierte Kunsthalle? Schließlich muß Herr Grobecker nur den Direktor (der dem Kunstverein weisungsgebunden ist) bezahlen und 1,4 Mio. Sachmittel aufbringen. Und trotzdem Kunst satt! Die Referentin zieht etwas beleidigt ihren Hals ins Rüschenkrägelchen ein.
Eigentlich wollten wir Presse-FritzInnen doch v.a. wissen, was wie wo genau saniert wird? Ja gleich! Wenn wir schon mal da sind! Man konstatiert noch schnell - und bedauert verhalten - wie sehr sich doch das Bürgertum von einst enthomogenisiert habe - nun taugt es kaum mehr
zum Feindbild und noch weniger zum Spendierhösler. Räsonnier, räsonnier, hin-und-her-das-ist-nicht-schwer. Herr Athenstädt, zum Leiter der Umbauarbeiten umdeklarierter Leiter des Mitmachmuseums, kann aber doch noch zum Papier mit den Fakten kommen.
Der Horror-Keller (feucht, unmenschlich feucht für aufenthaltige Menschen, Kataloge und Werkstätten) wird also trockengelegt und neueingerichtet, das Mitmachmuseum wird ins Cafe verlegt, das Cafe in den Lichthof (nix mehr „alter Damen-Kuchen“, sondern Hamburger Understatement), das Schattendasein-Kupferstichkabinett erhält einen neuen Raum, der Eingangsbereich zugfreie Sicherheit mit neuem „Shop“. „Besondere Erfordernisse“: ein neues Temperiersystem (zirkuliert an der Wand lang), neue Kanalisation, neue Elektroinstallation - statt jener aus der Zeit, als das elektrische Licht erfunden wurde. Die Bauabschnittsbegehung macht berechtigte Hoffnungen. Claudia Kohlhas
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