: Senator Uwe Beckmeyer: „Ich bin Sozialdemokrat“
■ Interview mit dem Wirtschaftssenator zu seiner Rostock-Reise
taz: Sie sind mit rund 250 Bremer Wirtschaftsleuten in Rostock gewesen. Zu konkreten Joint-Venture Verabredungen ist es jedoch nicht gekommen.
Uwe Beckmeyer: Wir müssen das alles ein bißchen tiefer hängen. Wir sind da hingekommen, um ein Forum zu schaffen, damit es Unternehmerkontakte gibt. Eine Kontaktbörse. Ich habe großen Wert darauf gelegt, daß die bremischen Unternehmer, die ja auch mit einer gewissen Erwartungshaltung nach Rostock gereist waren, und die DDR -Unternehmerschaft, bzw. Leute, die dort unnternehmerisch täig werden wollen, zusammenkommen. Und daß es nicht nur zum Austausch von Visitenkarten kommt.
Von mir ist das wirklich sehr differenziert gesagt worden: Es geht uns darum Geschäfte anzubahnen zum beiderseitigen Vorteil. Das ist bisher immer hanseatische Kaufmannstugend gewesen. Und es geht nicht darum, in der DDR die schnelle Mark zu machen oder ein Füllhorn der Wohltätigkeit auszuschütten.
Sie haben die DDR-Verantwortlichen aufgefordert, die für westdeutsche Investitionen nötigen Entscheidungen nicht länger zu verzögern. Sie haben denen gesagt, wo es lang geht: „Die DDR muß ihren wirtschaftspolitischen Kurs klar und unverwechselbar marktwirtschaftlich bestimmen.“
Ministerin Luft hat sich ja sehr langsam bewegt. Es gab und gibt ja weitaus fortschrittlichere Joint-Venture -Gesetzgebungen z.B. in der UdSSR und in Ungarn. Die Frage ist auch: Wie halte ich es mit der Steuergesetzgebung? Wenn ich ein kleines 5-Mann-Unternehmen mit 90 Prozent besteuere, kann es sich doch gar nicht ausdehnen. Aber das ist ja bei der anderen Seite auch erkannt. Das ist ja nicht nur meine Position, sondern inzwischen auch deren
Haltung.
In Ihrer Presseerklärung heißt es: „Fast bei jeder Unterredung wurde das Wissensdefizit vieler Rostocker Unternehmensgründer deutlich, dis sich von ihren bremischen Gesprächspartnern teilweise sogar über grundsätzliche Dinge wie das Funktionieren der Marktwirtschaft unterrichten ließen.“
Ich will das mal so sagen: Diese ganzen Gespräche waren natürlich dadurch geprägt, daß man überhäuft wurde mit Fragen: 'Wie macht Ihr das, wie gestaltet Ihr das. Wie ist das bei Euch.‘ Da wird eine Erfahrungsphase eingeleitet. Es wird auch eine der wesentlichen Hilfestellungen sein, die Bremen leisten kann, daß wir Know-How für Existenzgründungen liefern. Die DDR-Leute fühlen das selbst so, daß sie da einen unheimlichen Nachholbedarf haben, weil sie bisher in ganz anderen ökonomischen Kategorien gehandelt und gedacht haben.
Wenn Sie den Rostockern gesagt haben, wo es marktwirtschaftlich längs geht, dann sind das also Dinge, die die Rostocker selbst so gesehen haben?
Es kam im Grunde raus, daß das, was wir für notwenig halten, um eine soziale ökologische Marktwirtschaft in der DDR einzuführen, akzeptiert wird - daß sie also die gleichen Defizite festgestellt haben, die wir kritisieren.
In Ihrer Rede haben sie immer nur von Marktwirtschaft gesprochen und nicht von „sozial und ökologisch“. Ich habe mich schon gefragt, was ist daran noch sozialdemokratisch?
Ich denke, daß das nicht noch besonders herausgehängt werden muß. Ich bin Sozialdemokrat. Ich brauche mich nicht als Sozialdemokrat jedesmal neu erkennen zu geben.
Interview: Barbara Debus
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