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Wird Babelsberg ausverkauft?

■ Die Filmemacher warnen, der Filmminister beschwichtigt

Die DDR will ihre Defa-Studios nicht ausländischem Kapital überlassen. Das bekräftigte der stellvertretende DDR -Kulturminister und Leiter der Hauptverwaltung Film, Horst Pehnert, in einem Gespräch mit dem Präsidenten der amerikanischen Vereinigung der Filmproduzenten, Jack Valenti. Pehnert sei damit auch Gerüchten entgegengetreten, die unter Teilnehmern der Berlinale verbreitet worden seien, hieß es bei 'adn‘. Es handelte sich allerdings weniger um ein Gerücht als um eine Protestaktion von Defa-Filmern (unter anderen Heiner Carow, Helke Musselwitz und Rainer Simon) während der Filmfestspiele gegen den Ausverkauf von Babelsberg. Soweit Formen der Beteiligung ausländischer Partner an der DDR-Filmwirtschaft erforderlich werden, würden diese, so Pehnert, „in Übereinstimmung mit den Interessen der Filmschaffenden sowie mit den gesetzlichen Regelungen und Bestimmungen hergestellt“.

Gegenwärtig sei der Ankauf amerikanischer Filme ins Stocken geraten, weil deren Produzenten offenbar neue, lukrativere geschäftliche Möglichkeiten abwarten, sagte Pehnert. Das Zurückhalten von Filmen gehe auf Kosten der Kinobesucher, denen so wichtige Streifen vorenthalten würden.

Zum Abschluß der Berlinale haben nun Filmdokumentaristen aus der DDR und der Bundesrepublik in einem offenen Brief an die politisch Verantwortlichen in beiden deutschen Staaten appelliert, „die in 40 Jahren gewachsene Filmkultur der DDR jetzt nicht der totalen Kommerzialisierung preiszugeben“. Am Anfang einer engeren Zusammenarbeit zwischen den Filmdokumentaristen aus beiden Teilen Deutschlands stehe die gemeinsame Sorge, „daß infolge der politischen Umwälzungen in der DDR in nächster Zeit auch bewahrenswerte kulturelle Errungenschaften unwiderbringlich zerstört werden könnten“.

Dem Dokumentarfilm in der DDR sei in den zurückliegenden Jahren „in bemerkenswerten Beispielen gelungen, die Mauer aus Zensur und Ignoranz zu durchbrechen und zu den drängenden gesellschaftlichen Fragen vorzudringen“. Der Dokumentarfilm der DDR habe „jenseits parteibestellter Jubelfilme mit seiner hochentwickelten Filmsprache nicht nur internationale Anerkennung erlangt“, sondern er habe auch „ermutigende Beispiele zur Herausbildung einer Dokumentarfilmkultur gesetzt“. Die Filmemacher forderten unter anderem eine Weiterfinanzierung der Internationalen Dokumentar- und Kurzfilmwoche Leipzig. Auch sollten in der DDR neue Institutionen analog zur bundesdeutschen Länderfilmförderungen geschaffen werden.

dpa/taz

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