: Human Life in Housewives?
■ „Shirley Valentine“ von der englischen Theatergruppe „Confederacy of Fools“
Shirley Valentine gibt es schon längst nicht mehr. Irgendwann hat sie sich in die 42jährige Mrs. Joe Bradshaw verwandelt, eine „heilige Johanna der Einbauküchen“, die ihrem Mann jeden Dienstag seine Eier mit Pommes vorzusetzen hat und mit der Küchenwand redet.
Es gibt inzwischen auch eine Verfilmung dieser Erfolgskomödie, in der man sehr schön vorgespielt bekommt, wie Joe seiner Frau die chips n‘ eggs in den Schoß kippt, wie sie heldenhaft aus ihrem engen Leben in einen Zweiwochenurlaub nach Griechenland entflieht und dort nicht nur den Touristinnentröster Costas, sondern auch ein ganz neues Leben als die alte Shirley Valentine findet.
Aber Willy Russell, dessen „Educating Rita“ ebenfalls die Entwicklung eines tumben Weibes zur starken Frau beschrieb, hat das Stück als großen Monolog geschrieben, den Shirley zuerst ihrer Küchenwand, und dann in Griechenland einem Stein vom Strand erzählt. Obwohl sie natürlich weiß, daß der sie nicht verstehen kann, denn „es ist ja ein griechischer Stein“. Das ganze Stück über steht Tessa Bell-Briggs alleine auf der Bühne - so alleine wie Shirley ihr Leben in der Kü
che verbringt und in Griechenland an ihrem kleinen Tisch in der Sonne sitzt.
Aber die Schauspielerin ist nicht nur Shirley, denn wenn sie von Joe, der angeberischen Nachbarin, ihrer feministischen Freundin und sogar einem ganzen Tisch voller Engländer im Ausland erzählt, dann schlüpft sie auch in diese Figuren und spielt sie so treffend und komisch, daß dadurch auch das feine Gleichgewicht zwischen traurigen und witzigen Passagen gehalten wird. Denn „Shirley Valentine“ ist ein Stück über „die Mehrzahl der Menschen, die ein Leben in stiller Verzweiflung leben“. „Isn't everyone carring a lot of unused life around ?“ ist einer der Kernsätze, und bei soviel „parabel for everyone“ (so ein Kritiker) könnte einem allzu leicht das Lachen vergehen.
Aber Shirley hört nach zwanzig Ehejahren auf, still zu sein. Ihre kleine Revolte bringt sie in komische Situationen, bei denen Russell das Normale nur ein wenig überdreht, so daß man (oder besser frau) oft sagen kann: genau wie ...
Und Shirley erzählt wunderschön witzig. Wie sie den klitoralen Orgasmus, Kolumbus, Sig Is there human life in housewives?
mund Freud und einen Linienbus zu einer Erklärungskette zusam- menbringt, erinnert an die verqueren Gags der Marxbrothers. Der Text ist gespickt mit guten „one liners“, und die zünden, wie man aus den vielen synchronisierten Komödien weiß, auf deutsch längst nicht so gut wie im Englischen. Auch deshalb lohnt es sich für alle, die ein bißchen mehr als nur das ModeSchulPop - Englisch beherrschen, sich „Shirley Valentine“ in der Originalfassung anzusehen. Wilfried Hippen
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