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Der Tag danach - Uno zeigt Selbstvertrauen

■ Die Sandinisten wollen ihre Revolutionsarmee nicht ohne weiteres auflösen lassen / Aus Managua Ralf Leonhard

Noch vor dem amtlichen Endergebnis gestand Präsident Ortega seine Niederlage ein und garantierte eine friedliche Amtsübergabe am 25.April. Eine tiefgreifende Umstrukturierung oder gar Auflösung der Revolutionsarmee wollen die Sandinisten aber nicht hinnehmen; schließlich sind alle höheren Offiziere bislang Mitglieder der Revolutionspartei. Insgeheim setzen die Sandinisten auf einen schnellen Zusammenbruch des von den USA gestützten Zweckbündnisses aus Erzkonservativen, Liberalen, Kommunisten und Christlich-Sozialen.

„Todas las armas al pueblo“ (Alle Waffen dem Volke) - die sandinistische Verteidigungsdoktrin gründet sich auf Massenmobilisierung und Bewaffnung der Bevölkerung. Erst nach und nach hat die Armee Nicaraguas ihren Charakter einer Guerillatruppe aufgegeben und sich in ein professionelles Heer verwandelt, dessen nach außen sichtbare Merkmale konventionelle Uniformen und die Übernahme der traditionellen Dienstgrade bilden. Gab es früher über dem Major nur mehr Comandantes, so herrscht seit einigen Jahren eine Hierarchie von Obersten und Generälen.

Allerdings sind noch immer alle hohen Offiziere FSLN -Mitglieder. Verteidigungsminister ist der einzige Vier -Sterne-General Humberto Ortega, der jüngere Bruder des noch amtierenden Präsidenten. Dieses Amt soll er auch in Zukunft innehaben - sollten sich die Sandinisten mit ihrem Vorschlag durchsetzen können: Sie schlagen der siegreichen Gegnerin eine „polnische Lösung“ vor, wonach die Präsidentin im Interesse der Stabilität an ihrer Seite einen General des alten Regimes dulden muß. Immerhin schreibt die Verfassung vor, daß die Armee die Revolution zu verteidigen hat. Und schließlich wird die „Uno“ (Union Nacional Opositora) kaum genug Abgeordnete im künftigen Parlament haben, um Verfassungsänderungen im Alleingang durchzudrücken.

Uno-Vertreter weisen Spekulationen über derartige Arrangements entrüstet zurück: „Warum sollten wir Frente -Leute in die Regierung holen, wenn wir die Mehrheit haben?“ fragte etwa der designierte Vizepräsident Virgilio Godoy. Als Gegengewicht zu den sandinistischen Offizieren will die Uno Contra-Kommandanten in den Generalstab holen - eine Variante, die Zusammenstöße vorprogrammiert. Aus diesem Grunde halten manche Beobachter eine gemischte Übergangsregierung für den einzigen Rettungsanker aus der polarisierten Situation. Sollte dieser Plan scheitern, könnte der überraschende Oppositionssieg in Nicaragua zum offenen Bürgerkrieg führen. Die Sandinisten haben zwar ihre Niederlage bereits eingestanden, und Daniel Ortega hat versprochen, daß er eine friedliche Machtübergabe am 25.April garantiert. Doch eine Auflösung oder drastische Umstrukturierung der Armee wollen die Sandinisten nicht zulassen: „Man kann ihnen zwar die politische Macht übergeben, doch nicht die Waffen der Armee. Die befinden sich in den Händen des Volkes“, versichert ein junger Leutnant, der noch immer nicht recht an das Wahlergebnis glauben mag. „Die FSLN war zu großzügig. Wir haben die Waffen im militärischen Kampf erobert. Wer sie uns wieder wegnehmen will, der muß darum kämpfen.“

Nicht ganz unbegründet ist die Furcht der Sandinisten, unkontrollierte Uno-Banden könnten aus persönlichen Rachegelüsten oder aus Überschwang über sandinistische Aktivisten herfallen. Ein erstes Opfer gab es bereits am Tag nach der Wahl: ein politischer Sekretär in einem Bezirk Managuas, der von etwa 50 Uno-Aktivisten aus seinem Haus gezerrt und erst unter Polizeieinsatz wieder befreit werden konnte. Montag abend zogen Gruppen von siegestrunkenen Uno -Anhängern durch die Bezirke der Hauptstadt Managua, rissen sandinistische Wahlplakate von den Wänden, warfen Steine auf Armeeposten und schlugen die Scheiben von sandinistischen Funktionärsfahrzeugen ein.

Offenbar schrecken die entfesselten Banden auch vor tätlichen Attacken auf Umstehende nicht zurück: Ein Fotograf wurde durch einen Steinwurf verletzt und mußte mit einer Platzwunde ins Krankenhaus. „Wir halten hier die ganze Nacht Wache“, berichtet Alicia Lugo aus dem Bezirk Javier Cuadra, wo die Polizei eben erst ein paar randalierende Jugendliche mit Uno-Kappen in die Flucht geschlagen hat. Die sandinistischen Kader, soweit sie nicht ohnehin schon bewaffnet sind, sollen ein Sturmgewhr bekommen, damit sie sich im Notfall zur Wehr setzen können. Aktivisten werden angewiesen, sich offensiv als Frente-Leute zu deklarieren. „Wir sind jetzt Opposition“, räumt Alicia ein, „das heißt aber nicht, daß wir uns deswegen gleich geschlagen geben.“

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