West-Bank-Unis bleiben dicht

Der Generalstreik wurde in den besetzten Gebieten ausgerufen / Europaparlament und Bildungskommission der Knesset unterstützen Forderungen der palästinensischen Studenten  ■  Aus Tel Aviv Amos Wollin

Das Militärkommando der Westbank hat den Schließungsbefehl für palästinensische Universitäten um weitere drei Monate bis Ende Mai verlängert. Auf Befehl der Besatzungsmacht sind alle Universitäten in den besetzten Gebieten seit zwei Jahren geschlossen.

Betroffen von diesen Maßnahmen sind 1.700 Universitätslehrer und -angestellte sowie 14.300 Studenten, die an sechs palästinensischen Hochschulen studieren. Darüber hinaus waren bisher auch nahezu 6.000 Studenten und 600 Lehrer höherer technischer und religiöser Schulen wegen der Schließung ihrer Bildungseinrichtungen zur Ausbildungsunterbrechung gezwungen.

Am Mittwoch hat sich die Bildungskommission des israelischen Parlaments für die Wiedereröffnung der sechs palästinensischen Universitäten ausgesprochen. Doch zum einen kann die Bildungskommission der Knesset keine bindenden Beschlüsse, sondern nur Empfehlungen abgeben. Und zum anderen votierte der israelische Koordinator für Maßnahmen in den besetzten Gebieten Schmuel Goren gegen eine baldige Wiederaufnahme des Lehrbetriebs.

Freilich, in der Frage einiger anderer Bildungseinrichtungen beginnen die Behörden einzulenken. Schon am vergangenen Dienstag faßten die Besatzungsbehörden den Beschluß, zunächst drei von 17 höheren technischen Schulen versuchsweise wieder zu öffnen. Bereits das Europaparlament hatte vorgeschlagen, für den Zeitraum der Schließung von palästinensischen Bildungseinrichtungen alle wissenschaftlichen und kulturellen Europaverträge mit Israel auszusetzen.

Im Gaza-Streifen und in der Westbank wurde am Dienstag als Protest gegen die Verlängerung der Hochschulschließung ein Generalstreik ausgerufen. Getragen wurde der Streik auch von der PLO-nahen „Vereingten Nationalen Führung des Volksaufstandes“. Wie Augenzeugen berichteten, sind die Steikmaßnahmen weitgehend befolgt worden. Zur „Vermeidung von Unruhen“ wurde am Mittwoch in Raffah und in drei großen Flüchtlingslagern des Gaza-Streifens von den Militärbehörden ein allgemeines Ausgehverbot verhängt. Um auf ihre Situation aufmerksam zu machen, veröffentlichten die palästinensischen Studentenvereinigungen einen gemeinsamen Aufruf an den Generalsekretär der Vereinten Nationen, die Völker und Regierungen Europas und Amerikas sowie an alle Menschenrechtsorganisationen. Sie bitten in dem Schreiben um Intervention bei den israelischen Behörden, damit der Unterricht sofort aufgenommen werden kann.

Professor Gabi Baramki, Präsident der Universität Bir Zeit bei Ramallah, verurteilte die Schließung der Universitäten als „rechtswidrige Kollektivstrafe, die niemand in der zivilisierten Welt dulden kann.“ Denn, so führte Baramki weiter aus, „Ziel der Schließung ist es, Erziehung und Bildung der Palästinenser zu verhindern. Das Argument, der Universitätsbetrieb fördere die Intifada, ist lächerlich. Denn die Universitäten sind seit mehr als zwei Jahren geschlossen - und die Intifada geht weiter.“