: Neuer Erpressungsversuch der HDW
U-Boot-Bauer HDW versuchte, von schleswig-holsteinischer Landesregierung die Einstellung staatsanwaltlicher Ermittlungen zu erzwingen / Die Kieler Werft pokerte gegenüber der Landesregierung mit den 550 Arbeitsplätzen einer Flensburger Werft ■ Von Gerd Nowakowski
Bonn (taz) - Die ins illegale U-Boot-Geschäft mit Südafrika verwickelte Howaldtswerke-Deutsche Werft (HDW) hat versucht, die schleswig-holsteinische Landesregierung unter Druck zu setzen, um die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen die Waffenschieber abzubiegen. Das wurde jetzt aus der Kieler Staatskanzlei bekannt. Das Unternehmen habe durchblicken lassen, man werde die vom Konkurs bedrohte Flensburger Schiffsbaugesellschaft nur übernehmen, wenn die SPD-geführte Landesregierung zuvor die Staatsanwaltschaft zurückpfeife.
Die HDW-Manager waren „stinksauer“, als die Kieler Staatsanwaltschaft nach mehrjähriger Behinderung durch die Bundesregierung Ende letzten Jahres die Ermittlungen gegen das Unternehmen aufnahm - kurz bevor der Verstoß gegen das UN-Waffenembargo verjährte. Anlaß war die Verurteilung der Bundesrepublik durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen; ein klarer Fall von „außenpolitischem Schaden“, fanden die Staatsanwälte, entgegen der hartnäckigen Ansicht des Außenministers.
Seitdem hat die Staatsanwaltschaft bei zwei Durchsuchungen in Privatwohnungen große Mengen Akten beschlagnahmt, mit denen möglicherweise der vollständige Export von Bauplänen an das Rassistenregime nachgewiesen werden kann. Es sei der „unausgesprochene Vorwurf in den Raum gestellt worden“, die Landesregierung habe die Staatsanwaltschaft zu Durchsuchungen „angewiesen oder diese nicht verhindert“, bestätigt der Sprecher des Wirtschaftsministers, Tornow, die „persönliche Verstimmung“ der Unternehmensleitung.
In der Folge lehnte es HDW ab, die 550 Arbeitsplätze der Flensburger Werft zu sichern. Die Produktivität sei zu schlecht, hieß es entgegen eines Gutachtens der „Treuarbeit“. Die HDW-Führung rechnete sich offenbar gute Chancen für die Erpressung aus: Am 25. März stehen Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein an. Schwerpunktthema ist in Flensburg die Arbeitslosigkeit, die derzeit bereits bei 15 Prozent liegt. Die Landesregierung und die Belegschaft hatte Glück; übernommen wird das Unternehmen nun von dem Werftunternehmen Oldendorf.
Einen Zusammenhang stellt auch HDW nicht in Abrede. „Die Herren müssen sich doch auch mal fragen, wenn man uns 'schmierige Politik‘ vorwirft, ob man damit unsere Bereitschaft fördert oder mindert, in Flensburg einzusteigen“, redete der HDW-Vorstandsvorsitzende Klaus Neitzke gegenüber dem 'Flensburger Tageblatt‘ Klartext. Auch an einer Drohung gegenüber der Staatsanwaltschaft ließ es der HDW-Chef nicht fehlen: „Die werden sehr schnell kalte Füße bekommen.“
Bei HDW hat man bereits Erfahrung mit derlei Erpressung: Vor knapp zwei Jahren zwang man den Betriebsrat, in einem Schreiben an den SPD-Vorsitzenden Vogel gegen die Aufklärungsbemühungen des SPD-Abgeordneten Norbert Gansel in der U-Boot-Affäre zu protestieren. Wenn die SPDler im parlamentarischen Untersuchungsausschuß nicht zurücksteckten, seien die Arbeitsplätze bedroht, ließ man durchblicken.
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