„Wir wollen eine Schule werden“

■ Das Jugendbildungsprojekt „Stadt-als-Schule“ bangt um die Weiterfinanzierung seines reformerischen Schulansatzes / Schulstatus wird gefordert / Am Montag entscheidet Rot-Grün über die Zukunft des Projektes

Eine gute Idee ist bedroht: Als vor drei Jahren das Kreuzberger Jugendbildungsprojekt Stadt-als-Schule (SAS) ins erste Schuljahr startete, hatte sich das Lehrerteam eine Prämisse gesetzt: Die Methode des Praxislernens soll in die Regelschule integriert werden. Jetzt zittern die Mitarbeiterinnen vor dem Senats-Rotstift: „Wir haben den Anspruch, Schule zu werden“, sagt Guido Lamdreh, Lehrer für Englisch und Weltkunde an der SAS. „Wir wollen beweisen, daß Praxislernen Berufsbildung und Allgemeinbildung vermittelt.“ Zunächst wollte man das neuartige Lernkonzept außerhalb der öffentlichen Schulen testen. Der Modellversuch, schulische und außerschulische Bildungsarbeit durch Praxislernen zu reformieren, wird bis zum Ende diesen Jahres mit öffentlichen Mitteln aus dem Berliner Landeshaushalt unterstützt. Gefördert wird die SAS außerdem von der Schulbehörde, die zehn Lehrer und Sozialpädagogen für die Zeit der Mitarbeit von ihren dienstlichen Verpflichtungen freistellt.

Die Koalitionsregierung hatte der SAS die Zusage gegeben, das Jugendbildungsprojekt, wie es noch offiziell heißt, nach der Versuchsphase zur Schule zu machen. Die dafür zuständige Jugendsenatorin hatte das Projekt für förderungswürdig erklärt. Doch Guido Lamdreh ist da nicht ganz so optimistisch. „Ich fürchte, daß Geld hier ein Hinderungsgrund für den Senat sein kann.“ Die Anerkennung als Schule läuft Lamdreh zu zögerlich. „Bildungspolitiker haben wenig Phantasie für reformerische Ansätze“, ärgert er sich.

Wenn die Stadt-als-Schule nicht weiter unterstützt werde oder nicht bald den Status einer ordentlichen Schule erhalte, so würde sich der reformerische Ansatz verlieren und die innovative Wirkung des Projekts versacken, fürchtet Lamdreh. Die Idee der Reform im Schulwesen hat sich bereits auf andere Schulen, darunter auch öffentliche, übertragen. Manche Schulen haben erreicht, daß Lehrer für einige Unterrichtsstunden freigestellt werden, um in Fortbildungskursen die Methode des praxisbezogenen Lernens kennenzulernen. Außerdem existiere bereits ein ganzes Netz internationaler Kontakte unter reformerischen Schulprojekten.

Am kommenden Montag soll bei Koalitionsgesprächen die Zukunft der SAS diskutiert werden. Es ist zu erwarten, daß dann endgültig über Sein oder Nichtsein des Projektes entschieden wird. Die Pressesprecherin der Jugendsenatorin, Gabriele Kämper, ist sich jedoch sehr sicher, daß die SAS bald als Schule übernommen wird, und damit auch weiterhin finanziell unterstützt werde. „Das Projekt darf nicht sterben, sonst ist der ganze innovative Ansatz verloren“, hofft Guido Lamdreh.

Julia Schmidt