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Elternerlaubnis abschaffen

■ ...fordern die Anhänger der gemeinsamen Erziehung von behinderten und nichtbehinderten Kindern / Integration im Aufwind / Morgen beginnt dazu ein Symposium

Seit der Übernahme der Regierungsverantwortung durch den rot -grünen Senat gibt es einen „politischen Willen“ zur gemeinsamen Erziehung von behinderten und nichtbehinderten Kindern. An Integrationsmaßnahmen beteiligen sich statt zunächst elf nunmehr 23 von 225 Grundschulen, und 60 Stellen zur Förderung von Integrationsklassen seien geschaffen worden. Einige Eltern und Lehrer fordern allerdings wesentlich weitergehendere Maßnahmen, wurde gestern auf einer Pressekonferenz der Diesterweg-Hochschule deutlich. Die freie Hochschule für Erwachsenenbildung veranstaltet morgen und am Samstag ein Symposium zur Perspektive einer „gemeinsamen Schule für alle“.

Besondere Probleme bereitet die Finanzierung der Reform. „Die Ressourcen sind nach dem 9. November enger geworden“, sagte Oberschulrat Peter Hübner von der Senatsschulverwaltung. Von den zusätzlichen Kosten, die die Kinder der Übersiedler verursachen, trage der Bund nur die Hälfte, die andere Hälfte müsse aus dem Landeshaushalt kommen. „Es ist den Eltern nicht zuzumuten darüber nachzudenken, woher das Geld kommt“, meinte hingegen Irmgard Franke-Dessler, zweite Vorsitzende der Elterninitiative „Minimale cerebrale Dysfunktion“ (MCD), die sich um Kinder mit leichten Hirnfunktionsstörungen kümmert.

Frau Dressler sprach sich dafür aus, „andere Eltern nicht mehr zu befragen, ob sie mit der Aufnahme behinderter Kinder in Regelklassen einverstanden sind“. Ihre Organisation wie auch die Gewerkschaft GEW fordern die Änderung des Paragraph 10 des Berliner Schulgesetzes, wonach die Integration in die Grundschule der Regelfall und die Aufnahme in eine Sonderschule erst auf Antrag ermöglicht werden soll. Im Augenblick ist es umgekehrt. Oberschulrat Hübner meinte, die Änderung des Schulgesetzes werde „noch etwas dauern“. Die Umstellung solle schrittweise und allmählich erfolgen.

Professor Ulf Preuss-Lausitz vom Fachbereich Erziehungswissenschaften der Technischen Universität schätzt den Anteil der Grundschüler, die speziell gefördert werden müßten, auf zehn Prozent. Zur Zeit würden 4,5 Prozent aller Grundschüler in Sonderschulen unterrichtet. Das zusätzliche Lehrpersonal erhielten die kleinen Integrationsklassen bisher (neben den zusätzlichen Stellen) auch durch die Streichung der Unterrichtsstundenzahl pro Woche um etwa vier Stunden, während die GEW mehr Planstellen fordert. Preuss wies darauf hin, daß Berliner Kinder seit jeher im Schnitt mehr Unterricht hätten als die Kinder in anderen Bundesländern.

dpa

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