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Gepolter um Rabta

■ Washington schließt Militärschlag nicht aus / Tripolis bestreitet Giftgasproduktion / Internationale Unterstützung eingefordert

Washington (ap/taz) - Die US-Regierung hat Libyen am Mittwoch in einem recht aggressiven Statement erneut der Herstellung von Chemiewaffen beschuldigt. Sie fordert internationale Unterstützung, um die Produktion dieser Waffen in dem nordafrikanischen Land zu stoppen. Auch in Bonn liegen nach Worten des SPD-Abgeordneten Norbert Gansel Informationen vor, die auf eine Aufnahme der Giftgasproduktion schließen lassen.

Am Vortag hatte der US-Sender ABC eine alte Behauptung wiederholt, in Rabta werde bereits Senfgas hergestellt. Auf eine militärische Aktion gegen die Giftgasfabrik bei Rabta angesprochen, gab der Sprecher des Weißen Hauses, Marlin Fitzwater die gewohnte Standardantwort: Nichts sei ausgeschlossen. Ebenso routinemäßig das Dementi aus Tripolis: Von der libyschen Nachrichtenagentur 'Jana‘ zitierte Beamte des Außenministeriums leugneten, daß in Rabta Chemiewaffen produziert würden. Die Attacken der US -Regierung, so 'Jana‘, sollten die aktuellen Einigungsbemühungen Libyens mit einigen arabischen Ländern stören. Seit Beginn der Affäre um die Chemiefabrik in Rabta, deren Kernstück von der Firma Imhausen-Chemie im südbadischen Lahr geplant und geliefert wurde, hat Tripolis stets behauptet, dort würden Arzneimittel hergestellt. Unter westlichen Technikern in Libyen wird die Fabrik deshalb unter dem ironisch gemeinten Spitznamen „Aspirin-Plant“ gehandelt.

„Rabta ist gefährlich und wird es täglich mehr“, bekräftigte demgegenüber Marlin Fitzwater. Im zweiten Halbjahr 1989 seien dort bereits 30 bis 50 Tonnen Senf- und andere Nervengase hergestellt worden. Derzeit bemühe sich Libyen auf dem internationalen Markt intensiv um Basis -Chemikalien.

Die Informationen sind nicht neu. Schon im vergangenen Sommer warnte das Bonner Wirtschaftsministerium deutsche Chemiekonzerne schriftlich vor Kaufversuchen libyscher Strohmänner. Auffällig ist das Timing des verbalen Gepolters in Washington: Es ertönte just am gleichen Tag, an dem erstmals Details über den Abtransport der US-amerikanischen Giftgasbestände aus der Bundesrepublik präsentiert wurden. Und die kaum verhüllte Drohung eines militärischen Eingreifens gegen Libyen fällt kurz vor dem vierten Jahrestages der US-Bombardements auf Tripolis und Bengasi im April 1986. Die Genfer C-Waffen-Konvention von 1925 ächtet den Einsatz von Giftgas, nicht aber dessen Herstellung und Lagerung.

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