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Pinochet bleibt Teilhaber der Macht in Chile

Am Sonntag ist in Chile die offizielle Amtseinführung des christdemokratischen Präsidenten Aylwin / Doch Pinochet hat für weitgehende Autonomie der Militärs und Kontinuität im alten Verwaltungsapparat gesorgt / Bald Amnestie für Menschenrechtsverletzungen durch Militärs  ■  Von Gaby Weber

Montevideo (taz) - Am Sonntag wird es endlich wahr: Generalisimo Augusto Pinochet wird die Regierung nach über sechzehn Jahren Militärherrschaft an Zivilisten übergeben. Fast alle lateinamerikanischen Staatschefs haben sich zur Amtseinführung von Präsident Patricio Aylwin angekündigt, Gabriel Garcia Marquez ist dabei, und aus Europa werden dem historischen Ereignis die Präsidenten aus Portugal und Spanien beiwohnen. Die DDR-Wahlen haben bundesdeutsche Prominenz zu Absagen bewogen.

Die letzten Wochen hatte Pinochet genutzt, um sich und seinen Waffenbrüdern im demokratischen Chile einen bequemen Schützengraben zu schaufeln: Pinochet bleibt auf seinem Stuhl als Oberkommandierender der Streitkräfte. Er hat versprochen, in Zukunft keine politischen Erklärungen mehr abzugeben, aber als Autorität akzeptiert er nur Aylwin, nicht den christdemokratischen Verteidigungsminister Patricio Rojas. Gemahlin Lucia Pinochet bleibt Chefin der finanzstarken CEMA, des „Mütterzentrums“ - so als wäre diese Hilfsorganisation ihr Privateigentum. Autos, Büroeinrichtungen und ganze Gebäude wurden noch schnell überschrieben. Der Komplex „Diego Portales“, unter Salvador Allende gebaut und später als Sitz der Junta benutzt, gehört inzwischen ebenso dem Heer wie die Casa de Lo Curro, einst mit öffentlichen Geldern als Hochsicherheitspalast für den Staatspräsidenten errichtet.

Im Januar war in einem Überraschungscoup - entgegen allen früheren Absprachen mit der Opposition - das „Gesetz über die Streitkräfte“ verabschiedet worden. Darin wird der neuen Regierung verboten, den Verteidigungshaushalt zu senken, auch für den Fall, daß Aufgaben beschnitten werden. Präsident Aylwin wird Militärs nicht in den Ruhestand schicken und eigene Leute ernennen dürfen.

Das Gesetz über die „Unverrückbarkeit der Beamten“ garantiert Kontinuität. Abgesehen von den Ministern, Staatssekretären und Botschaftern wird die gesamte Verwaltung mit denselben Leuten weitergeführt werden. „Es ist unglaublich“, empörte sich der künftige Innenminister Enrique Krauss im Fernsehen, „weder der Präsident noch der Minister werden ihre Büro chefs und Sekretärinnen aussuchen dürfen.“

Dank des Wahlgesetzes, wonach sich zu den 38 gewählten noch neun vom alten Regime designierte Senatoren gesellen, besitzt Aylwin im Oberhaus keine Mehrheit. Für neue Gesetze muß er um Leihstimmen der rechten Parteien bitten. Die neue gefeierte Demokratie läuft also auf ein Mitregieren der pinochetnahen Kräfte hinaus. Einigkeit besteht über die Amnestie: „Eher früher als später“, warnt Aylwin vor, „kommt das Pardon für die Menschenrechtsverletzungen der Militärs.“ Auch das Wahlgesetz wird wohl zu reformieren sein, so daß im kommenden Jahr die Bürgermeister demokratisch gewählt werden können. Bei der Verabschiedung des neuen Haushalts, des Arbeitsrechts und der Steuerreform wird es vermutlich einen Kompromiß geben. Der staatliche Mindestlohn (derzeit 110 DM) wird wahrscheinlich etwas angehoben werden, und die Saisonarbeiter dürfen auf freie gewerkschaftliche Betätigung rechnen. Nur die Reform des „Gesetzes über die Streitkräfte“ und des Beamtenrechts wird wohl an der Kompromißlosigkeit der rechten Parteien scheitern.

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