Niederlage für Abtreibungsgegner

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof erklärt die Stellenanforderung an Ärzte „Bereitschaft zu Abtreibungen“ für zulässig / Die Stadt Nürnberg siegte gegen eine Phalanx von Staatsregierung, CSU und Kirche  ■  Aus Nürnberg Bernd Siegler

Bayerische Staatsregierung, CSU, katholische Kirche und Caritas-Verband haben eine empfindliche juristische Niederlage erlitten: der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschied, die Stadt Nürnberg habe nicht rechtswidrig gehandelt, als sie im Jahr 1986 in dem Ausschreibungstext für zwei Chefarztstellen an der städtischen Frauenklinik von den Bewerbern auch die Bereitschaft zur Vornahme von Abtreibungen verlangte.

Bereits kurz nach Bekanntwerden des Ausschreibungstextes hatte der Dekan der katholischen Stadtkirche von einer „moralischen Bankrotterklärung gegenüber existentiellen Werten unserer Gesellschaft“ gesprochen. Caritas-Direktor Holzbauer konstatierte ein „ethisches, moralisches Absinken der Stadt“, Justizstaatssekretär Vorndran warf der SPD vor, sie „verlange die Tötung ungeborenen Lebens“ und Bayerns damaliger Innenminister Lang verkündete männlich-forsch, er werde hart bleiben und die Gerichte anrufen.

Schon Ende November 1986 zeigte die Kampagne erste Erfolge. Die Regierung von Mittelfranken als zuständige Rechtsaufsicht über die Stadt forderte die Streichung der umstrittenen Passage. Mit dem Satz verstoße die Stadt gegen die „Gewissensfreiheit“ der Ärzte. 1987 forderte die Regierung die Stadt auf, die Stellenausschreibung zu wiederholen, da durch die Anmerkung unzulässigerweise ein „erheblicher mittelbarer Druck auf potentielle Bewerber“ ausgeübt und Bewerber, die Abtreibungen ablehnen, ausgeschlossen wären. Die Stadt Nürnberg legte dagegen Widerspruch ein und unterlag beim Verwaltungsgericht Ansbach. Dennoch schaffte die Stadt vollendete Tatsachen und besetzte die beiden Chefarzt-Stellen. „Die Stadt, genötigt durch eine rot-grüne Stadtratsmehrheit, mißachtet eindeutige Entscheidungen der Gerichte“, tönte daraufhin die örtliche CSU.

Der 3. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs entschied jetzt zugunsten der Stadt Nürnberg und erklärte die Beanstandungsbescheide der Regierung von Mittelfranken für rechtswidrig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache ließen die Münchener Richter jedoch die Revision zum Bundesverwaltungsgerichtshof zu. Drei Jahre nach Einstellung der beiden Ärzte ist damit das letzte Wort in der Angelegenheit immer noch nicht gesprochen.