: Arme EG-Länder wollen sich von Osthilfe die Suppe nicht versalzen lassen
■ EG-Finanzminister zerstritten über Kosten für DDR-Beitritt und Osteuropahilfe / Regionalhilfe angemahnt
Brüssel (taz) - Ein voller Magen beruhigt das Gemüt. Gemäß dieser Devise bevorzugen die EG-Minister montägliche Gelage in Brüssel, um sich über die heißen Kartoffeln herzumachen. Diesmal gerieten sich die Finanzminister allerdings bereits bei der Suppe in die Haare.
Die Regierungen der südlichen Mitgliedsstaaten wehrten sich gegen die von der EG-Kommission bis 1992 geforderten 4,5 Milliarden D-Mark Hilfsgelder für Osteuropa. Auch die auf jährlich etwa 3 bis 4 Milliarden D-Mark geschätzten Kosten für den Beitritt der DDR zur EG waren umstritten. Bundesfinanzminister Waigel betonte, daß die Wiedervereinigung der EG auf jeden Fall billiger käme als der Beitritt einer unabhängigen DDR. Beruhigend wirkte auch, daß EG und DDR heute den Handels- und Kooperationsvertrag paraphieren. Damit hoffen die anderen EG-Länder, sich an dem innerdeutschen Handel zumindest so lange beteiligen zu können, bis der Beitritt der DDR zur EG vollzogen ist.
Die südlichen Länder wollen der Aufstockung der Osthilfen dieses Jahr um etwa eine Milliarde D-Mark nur zustimmen, wenn die Ausweitung der Hilfszahlungen für die Mittelmeeranrainer, sowie für die Länder Asiens und Lateinamerikas nicht vernachlässigt wird. Auf keinen Fall dürften die Regional- und Sozialfonds für die weniger entwickelten Gebiete wie der Mezzogiorno darunter leiden, betonte ein italienischer Regierungsvertreter. Auf der anderen Seite sträuben sich die EG-Nettozahler gegen diese generelle Ausweitung des EG-Haushalts, weil die zusätzlichen 3 Milliarden D-Mark bis 1992 aus ihren Kassen kommen müßte.
Streit über Osteuropa-Bank
Die Beratungen über die Satzung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) Osteuropas sind am Sonntag abend ohne Einigung in wichtigen Fragen zu Ende gegangen. Sie sollen am 9. April wieder aufgenommen werden. Vor allem die Forderung der USA und Japans nach strengen Auflagen für Darlehen an die UdSSR macht noch Ärger. Die sowjetische Delegation habe sich über eine „diskriminierende“ Behandlung beklagt.
Michael Bullard
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