: Schalck und der Goldschatz der „KoKo“
■ Firmenkonzern unter dem früheren Devisenbeschaffer der DDR, Schalck-Golodkowski, hortete 21 Tonnen Gold / SED-Spitze verbrauchte 1989 15 Millionen Devisen / Verstöße bei Kassenführung der KoKo-Firmen
Berlin (dpa) - Das DDR-Firmenimperium Kommerzielle Koordinierung (KoKo) des ehemaligen Staatssekretärs Alexander Schalck-Golodkowski hatte Ende letzten Jahres 21,2 Tonnen Gold gehortet. Dies gab der Leiter der Sonderkommission des DDR-Ministerrats, Willi Lindemann, laut 'adn‘ am Montag abend in Ost-Berlin dem Runden Tisch in einem ausführlichen Bericht bekannt. Die Goldbarren seien sichergestellt worden. Bei den Teilnehmern des Runden Tisches habe die Mitteilung „Erstaunen“ ausgelöst.
Für die „Privilegierung für Personen und Personengruppen“ also die frühere SED-Führungsspitze - sind nach dem Bericht allein 1989 rund 15 Millionen Mark in Devisen ausgegeben worden. Dazu habe unter anderem die Beschaffung von westlichen Industriewaren auch für Verwandte und Bekannte der ehemaligen Staats- und Parteiführung gehört. Allein für die Versorgung der DDR-Prominentensiedlung Wandlitz seien jährlich sechs bis acht Millionen Mark in Devisen bereitsgestellt worden.
Geldquelle Häftlingsfreikauf
Einnahmen bezog der DDR-Firmenkonzern auch aus dem Freikauf von in der DDR inhaftierten Gefangenen durch die Bundesrepublik und die Genehmigung von Ausreisen. Nach Lindemanns Angaben hätten sich diese Einnahmen auf jährlich etwa 200 Millionen Mark belaufen.
Die gesamten Devisenausgaben des „KoKo„-Bereiches für das vergangene Jahr hätten 9,2 Milliarden Valuta-Mark betragen. Davon seien 5,1 Milliarden für die Sicherung der DDR -Zahlungsbilanz, für Kredite der Deutschen Außenhandelsbank sowie zur Reservebildung im In- und Ausland eingesetzt, weitere 3,8 Milliarden seien für außerplanmäßige Importe verwendet worden.
Die 'Berliner Zeitung‘ schrieb gestern, daß insgesamt alle Betriebe der Gruppe ihre Gewinne vollständig abgeführt hätten, diese jedoch nicht im vollen Umfang an den Staatshaushalt geleitet wurden. Vor dem Runden Tische hatte Professor Karlheinz Gerstenberger, kommissarischer Leiter von KoKo, bereits eingeräumt, bei der Überprüfung hätten sich Verstöße bei der Kassenführung und im Belegwesen ergeben. Es sei jedoch bisher nicht möglich gewesen, genau die Differenz aus der Gewinnsumme der einzelnen KoKo-Firmen und aus den dem Staatshaushalt zugeführten Geldern zu ermitteln. Nach der Flucht von Schalck-Golodkowski Anfang Dezember 1989 seien sofort die Bankkonten der Firmen gesperrt worden und weitere Schäden verhindert worden.
Zum Jahresende 1989 seien bei der KoKo-Inventur hohe Guthaben nachgewiesen worden. 1,6 Milliarden D-Mark seien für Kredittilgungen und für Importe verwendet worden. 750 Millionen Mark seien in den Reisedevisenfonds für DDR-Bürger geflossen. 5,9 Milliarden Mark seien dem Haushalt zur Verfügung gestellt worden.
Die langfristigen Verbindungen von KoKo bezifferte Gerstenberger auf 8,3 Milliarden Mark. Diese würden aber erst nach 1990 und zum Teil erst nach 1996 fällig.
Bis Ende März soll das Firmenimperium endgültig aufgelöst sein.
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