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Des Bausenators neuer Stil in Berlin-Hauptstadt

■ Nagel mit Gefolge auf Sanierungsortstermin im Bezirk Mitte

„Vielleicht krachen wir hier durch die Decke, dann haben wir die Schlagzeile: Bausenator Nagel verschüttet“, hofft die Reporterin, als der ein paar Dutzend Mann starke Trupp das brüchige, alte Haus in der Ostberliner Marienstraße betritt. Die Spitzen der Bauverwaltungen von Ost und West, dazu Bauarbeiter, Journalisten und Kameraleute drängeln sich um den überheizten Kachelofen. „Der Nagel würde sich wieder rausbuddeln“, meint sein Sprecher dazu. Nagel ist heute obenauf: Er stellt schon nach wenigen Wochen die ersten Projekte vor, die mit seinen 25 Westmillionen gefeatured werden sollen. Auch der Osten trägt sein Scherflein dazu bei. Von den gut 400 Millionen (Ost)Mark Sanierungsmitteln fließen 150 Millionen in die Stadtmitte und zum Prenzlauer Berg, erklärt Oststadtbaurat Kurtzer. 43 Häuser in diesen beiden Altbaubezirke werden nun auf Machbarkeit geprüft, man hoffe, daß die alle in DDR-Eigentum seien, sonst gebe es Probleme, meinte Nagel. In drei Häusern beginnt die DeGeWo zu sanieren, die „gehört schließlich uns“, meint Nagels Referent Fuderholz. Die Marienstraße 7, ein denkmalgeschütztes Haus aus dem Jahr 1830 ist das erste. Die DeGeWo richtet erstmal einen Bauhof mit technischem Gerät ein - im Osten Mangelware - dann sollen 30.000 Mark in jede Wohnung fließen. Bis Ende 1990 können dann die ersten Wohnungen bezogen werden. Dafür haben die nachher Bad und Zentralheizung. Man wolle dabei ein energiesparendes Heizungskonzept modellhaft einbauen, sagt DeGeWo-Vorstand Engel. Die Miete „steigt nicht, außer mit dem Standard“, erklärt der Direktor der KWV-Mitte, Peters, der das Haus gehört. Das seien „etwa zehn Prozent“, präzisiert er auf Nachfrage. Es sei denn, der Staat entscheide anders. Man diskutiere alles vorher mit den Bewohner und den Bürgerinitiativen, das sei der neue Stil, den man vom Westen abgeguckt habe. Es hätten sich auch schon Jugendgruppen gemeldet, die wollten „erst besetzen“, man hätte sich aber auf Selbsthilfe geeinigt, „wenn die in das Konzept passen“, meinte Peters weiter. „Mit Mietvertrag und bezahlten Bauleistungen“, ergänzt Engel. Von den Bürgerinitiativen ist allerdings niemand anwesend. „Die wurden nicht eingeladen“, sagte Nagel. Die müßten auch tagsüber arbeiten. Sicher seien die Bürgerinitiativen zunächst skeptisch gewesen, ob nun nicht der Bausenator und die DeGeWo per Sanierungsvertrag das von ihnen kritisierte zentralistische Konzept der KWVs stabilisierten. Man habe ihnen aber versichert, daß es nicht über ihre Köpfe gehe.

Dem Bausenator geht es nicht nur darum, Häuser instandzusetzen. „Wir wollen auch freie Architekten hier unterstützen, die es seit neuestem gibt und die verkrusteten Behörden umstrukturieren“, meint Nagel. Kurtzer und Oststaatssekretär Preuer nicken brav. „Früher wurde über jeden Abriß im Bauministerium entschieden und zwar anhand von Fotos am grünen Tisch“, erläutert Preuer. Damit sowas nicht wieder passiert, will Nagel in Ost-Berlin ein Vorortbüro einrichten.

Eva Schweitzer

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