Standbild: Ein meditatives Klagelied

■ Das wahrhaftige Wort des klugen Bauern...

(Das wahrhaftige Wort des klugen Bauern..., Mi., 14.3., ZDF, 23.10 Uhr) “... aus dem grünen Tal des großen Flusses nach der Befreiung von seiner irdischen Hülle bei der Rechtfertigung seiner Lebenstaten...“ Zu Beginn wird die Leiche eines ägyptischen Bauern einbalsamiert und dem Nil übergeben. Er meldet sich aber noch einmal aus dem Jenseits, das der Filmsachverständige „Off“ nennt, und parliert im Stil der zitierten Passage. Der Filmemacher A'Wahed Askar sucht die Worte zu bebildern. „Der Erde Geheimnis habe ich erfahren...“, heißt es im Text, und zu sehen ist ein pflügender Bauer. „Durch meinen Mund spricht der, der den Lehm formt“ - im Bild ein Töpfer bei der Arbeit. Bald haben die Zuschauer das Prinzip begriffen und könnten miteinander ein Spielchen treiben, nämlich das Bild wegblenden, jeder Zeile imaginäre Bilder zuordnen und blitzschnell überprüfen, ob richtig geraten wurde. Doch die Idylle täuscht. Nach und nach wird das Gezeigte deutlicher, manche Einstellungen wiederholen sich und bekommen durch den Text neue Bedeutung. Was sich zunächst ausnahm wie ein filmischer Reiseprospekt, mit herrlich knorrigen, unverdorbenen Menschen und naturbelassenen Landschaften, mit trötenden Musikanten, Wasserrädern, Lastseglern, mauernden Maurern, ackernden Ackerbauern, malerischen Moscheen und modernen Metropolen, entpuppt sich als wirksames Vehikel für die anprangernden Worte des klugen Bauern, ein Klagelied zunächst, am Schluß ein unverhohlener Wutausbruch über Korruption, Kriminalität und Katastrophen, die die Zukunft des Landes am Nil bedrohen. Das meiste davon wird von Menschen verantwortet. So zeitigte der Bau des Assuan-Staudamms geradezu verheerende Folgen. Die herrschenden Schichten aber haben sich mit den Mißständen arrangiert, von denen sie - auf Kosten der Armen - nicht schlecht leben.

Um seine Botschaft zu vermitteln, wählte der Filmemacher eine ungewöhnliche, unspektakuläre und darum wenig populäre Form. Nach einer halben Stunde schon fällt es selbst dem Interessierten schwer, den Worten zu folgen. Das Auge sucht Abwechslung, und das Gehirn signalisiert Ermüdung. Was also bringt ein solcher Film für diejenigen, deren Schicksal er zu seinem Anliegen macht? 139,31 Minuten ist er lang, mit relativ viel Aufwand an Material und Zeit gefertigt, und verpufft nachts zwischen 23 Uhr 10 und 1 Uhr 30 Uhr, einer Zeit, in der allenfalls noch arbeitslose Dritte-Welt -Aktivisten solche Filme sehen. Und die sind mit der Materie bestens vertraut. So war der Film im Grunde nicht mehr als ein meditativer Abschluß des Tages, aber dafür hätte eine halbe Stunde auch gereicht.

Herr Dittmeyer