: Mordkomplott gegen Oberstaatsanwalt
■ Sechs Häftlinge des Tegeler Knastes sollen auf den Oberstaatsanwalt Fätkinheuer einen Mordanschlag geplant haben / Einer der Häftlinge ist der Gastwirt Manne Brumme, der Fätkinheuer bei seinen Ermittlungen zum Antes-&-Co.-Skandal ins Netz gegangen war
Auf den Oberstaatsanwalt der Abteilung für organisierte Rauschgiftkriminalität, Hans-Jürgen Fätkinheuer (42), soll von sechs Insassen der Tegeler Haftanstalt ein Mordanschlag geplant worden sein. Das hat der Vertreter des Generalstaatsanwalts, Oberstaatsanwalt Neumann, gestern nachmittag in einer eilig anberaumten Pressekonferenz mitgeteilt.
Nach Angaben von Neumann hat die Staatsanwaltschaft von einem Tipgeber den „sehr ernst“ zu nehmenden Hinweis bekommen, daß der Killer, der Fätkinheuer für eine Summe von 50.000 bis 70.000 Mark erschießen sollte, bereits gedungen worden war. Als Tatmotiv vermutete Neumann, daß die mutmaßlichen Auftraggeber an dem „bekannten und gefürchteten“ Staatsanwalt Fätkinheuer Rache nehmen und ihn unschädlich machen wollten, weil Fätkinheuer in Berlin in „vorderster Linie“ gegen das organisierte Verbrechen ermittle.
Die Moabiter Staatsanwaltschaft hätte den Vorfall lieber geheimgehalten, um die „hochbrisanten Ermittlungen“ nicht zu gefährden. Sie hatte sich dann aber doch zu der Pressekonferenz gezwungen gesehen, weil die Polizeipressestelle nicht vor der Öffentlichkeit verbergen konnte, daß die Tegeler Haftanstalt gestern morgen von einem 150köpfigen Polizeiaufgebot durchsucht worden war: Die Beamten, unter denen sich auch mit Maschinengewehren bewaffnete Angehörige des Sondereinsatzkommandos (SEK) befanden, waren gegen drei Uhr morgens im Beisein von drei Staatsanwälten in der Tegeler Teilanstalt II eingerückt und hatten dort sämtliche Zellen und Aufenthaltsräume auf den Kopf gestellt. Nach Angaben von Neumann wurden bei der Durchsuchungsaktion, die um ein Uhr mittags endete, zahlreiche Kisten mit Beweismaterial sichergestellt. Im Anschluß wurden die sechs Gefangenen, gegen die inzwischen Haftbefehl wegen Anstiftung zum Mord erlassen wurde, in die Untersuchungshaft nach Moabit überstellt.
Es handelt sich um sechs Deutsche im Alter zwischen 30 und 50 Jahren, die nach Angaben von Neumann wegen erheblicher Gewaltdelikte oder Rauschgiftgeschäften zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt worden sind. Auf mehrmalige Nachfrage gab Neumann zu, daß einer der Beschuldigten ein unmittelbares Opfer des Oberstaatsanwalts Fätkinheuer ist, weil er diesem bei dessen „Antes & Co„-Ermittlungen im Zusammenhang mit den legendären „Schüssen in der Tiefgarage“ auf den Baulöwen Schmidt in die Netze geraten war. Den Namen wollte Neumann gestern in der Pressekonferenz nicht nennen.
Die taz brachte jedoch aus zuverlässiger Quelle in Erfahrung, daß es sich um den in Berliner Unterweltkreisen bekannten Gastwirt des MG, Manne Brumme (46), handelt. Mann Brumme, der ein Intimus des kürzlich in Brasilien verhafteten berüchtigen Rechtsanwalts Schmidt-Salzmann ist, war 1988 wegen versuchter Anstiftung zu zwei Morden zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte nach Überzeugung des Gerichts im Auftrag von Schmidt-Salzmann einen Ganoven als Killer gedungen, der die Baulöwen Schmidt und Mewes für ein Honorar von 200.000 bis 400.000 Mark umlegen sollte. Der Killer war aber kurz vor der Tat abgesprungen und hatte später ausgepackt.
Neumann bestätigte, daß auch mehrere Wohnungen in der Stadt durchsucht worden sind. Zu dem Tipgeber wollte sich der Oberstaatsanwalt nicht weiter äußern, weil dieser hochgradig gefährdet sei. Als Detail war lediglich zu erfahren, daß das Geld für den Mordauftrag aus „der Rauschiftszene der Tegeler Strafanstalt“ kommen soll. Fätkinheuer war die Leitung der Abteilung für organisierte Rauschgiftkriminalität im vergangenen Sommer übertragen worden, nachdem er sich bei den Ermittlungen in Sachen Korruption einen Namen gemacht hatte.
plu
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen