: Linke ausgrenzen?-betr.: "Das Grüne Haus zerbröckelt", "Grüne Absolution des Stalinismus?", taz vom 14.3.90
betr.: „Das Grüne Haus zerbröckelt“, „Grüne Absolution des Stalinismus?“, taz vom 14.3.90
Neulich hat Klaus Hartung die GAL Hamburg als GAL-PDS assoziiert, heute spielt Dietrich Wetzel zum Vorschlag einer Vereinigung von PDS und Grünen die Melodie „Sozialistische Mottenkiste“ und „Grüne Absolution des Stalinismus“. Diese Austeilreflexe (ein starkes Stück Grün?) sind nicht nur aus der Geschichte des Antikommunismus wohlbekannt, man kann sie heute auch in antisemitischen Anwürfen von Augstein gegen Gysi und in dem Geifer der Diskutanten und der Diskustantin in der RTL-plus-Sendung Explosiv (13.3.90) gegen R.Hickel bewundern.
Diese Abwehrformulierungen drücken aber auch die Befürchtung aus, aus Mitteldeutschland könnte von demokratischen Sozialisten eine sozialistische Partei nach Westdeutschland ausstrahlen. Mit Leuten, die ihre Prinzipien nicht wie in Berlin und Hessen fallenlassen. (...) Die Befürchtung spricht aus dieser Häme gegen linkssozialistische Positionen, es möchte zu viele geben, die, nachdem sie das kleinere Übel SPD hinter sich gelassen und in den Grünen wiederentdeckten, eine Partei wählen wollen, die eine klare Stellung zu den Produktionsverhältnissen und ihren sozialen und ökologischen Konsequenzen bezieht. (...)
Robert Lederer, Bochum
(...) Vielleicht sollten Grüne wie Harald Wetzel mal genauer in Rolf Henrichs Der vormundschaftliche Staat nachlesen, wie man marxistische Politikanalyse und anthroposophische Gesellschafts„theorie“ zusammenbringen kann. Mindestens ist daran zu zeigen, daß eine Verwirklichung sozialer Organismen, die dem ganzheitlichen menschlichen Organismus gemäß wären, ohne Eingriffe in die Verfügungsgewalt privaten Produktionsvermögens nicht möglich ist. Und die Paradigmen für kapitalistisches Denken wurden in diesen Monaten deutsch -deutscher Verbrüderung lehrbuchhaft vorgeführt, wobei der Einfluß grüner Politik in der Bundesrepublik sich an der inzwischen uns aus massiven Werbekampagnen der Industrie bestens vertrauten ökologischen Rhetorik ablesen läßt.
Ich halte eine Ausgrenzung von Linken, die aufgrund einer nun mal spezifisch deutschen Geschichte zu einem nicht geringen Teil heute Mitglieder der PDS sind, von dem nicht minder geringen Teil möglicher Wähler ganz zu schweigen, für grundlegend falsch und gebe statt dessen den Grünen, die Berührungsängste mit Linken haben, die Variante zu bedenken, in eine der bürgerlichen Parteien zu wechseln, die ihre grünen Ziele am ehesten zu vertreten versprechen.
Daß die ökologische Katastrophe ins Haus steht, und nicht nur ins europäische, kann wohl als Allgemeingut genommen werden; aber es wäre naiv und durch nichts zu rechtfertigen, vom Kapital auch nur einen Millimeter freiwilliger Machtaufgabe zu erwarten. Weder Revolutionen noch Weltkriege haben die Kalkulation ihrer instrumentellen Vernunft stoppen können. Warum sollte eine nur in Szenarien vorstellbare Katastrophe wirtschaftlich funktionierende Unternehmen zu freiwilligen Einschränkungen bewegen können? (...)
Christian Pieta, Berlin
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