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Ceausescus blutiges Erbe

■ Der vom gestürzten Diktator geschürte Nationalitätenkonflikt entlädt sich: sechs Tote und dreihundert Verletzte in Tirgu Mures Ungarische Minderheit protestierte gegen Übergriffe der rumänischen Nationalisten / Faschistische Organisationen als Drahtzieher

Bukarest (ap) - Sechs Tote und dreihundert Verletzte haben die von rumänischen Nationalisten gegen die ungarische Minderheit angezettelten Pogrome in Tirgu Mures bis gestern gefordert. Am Dienstag hatten zunächst auf einer friedlichen Demonstration Zehntausende Angehörige der ungarischen Minderheit dagegen protestiert, daß am Tag zuvor der Sitz der ungarischen demokratischen Union in Tirgu Mures verwüstet und fünfzehn Menschen verletzt worden waren. Im Anschluß an diese Demonstration entwickelte sich eine blutige Straßenschlacht.

Von extremistischen Nationalisten waren Flugblätter mit der Überschrift „Es ist soweit“ verteilt worden. Gerüchte wurden in Umlauf gesetzt, Ungarn wolle das seit 1918 zu Rumänien gehörende Siebenbürgen militärisch in seine Gewalt bringen. Wie der rumänische Vizepräsident Ionescu 'ap‘ mitteilte, seien die Flugblätter mit „Eiserne Garde“ unterzeichnet gewesen, einer faschistischen Organisation, die in den 30er Jahren für die Ausweisung aller Nichtrumänen gekämpft hat.

Radio Budapest berichtete, daß die rumänische Armee schließlich die Innenstadt abgeriegelt habe, nachdem die nur mit Schlagstöcken ausgerüstete Polizei gegen mit Äxten und Eisenstangen bewaffneten rumänischen Banden nichts habe ausrichten können. Viele ins Krankenhaus eingelieferte Patienten sollen Kopfverletzungen haben.

Der bei den Unruhen in der Siebenbürger Stadt schwer verletzte ungarische Schriftsteller Andras Sütö wurde inzwischen mit einem ungarischen Militärflugzeug nach Budapest gebracht. Wie gestern bekannt wurde, hatte Sütö bereits am vergangenen Samstag in einem dringenden Schreiben an die rumänische Übergangsregierung Hilfe für die in Siebenbürgen lebende ungarische Minderheit angefordert.

In einem Appell rief das Exekutivbüro des Provisorischen Rates der Nationalen Einheit die Angehörigen beider Volksgruppen zu Ruhe und Besonnenheit auf. In dem Appell hieß es, Vorgänge wie die in Tirgu Mures könnten „die nationale und internationale Lage Rumäniens Fortsetzung auf Seite 2

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destabilisieren“. In Budapest beteiligten sich am Dienstag mehr als 50.000 Menschen an einer Solidaritätsveranstaltung für die ungarische Minderheit in Rumänien. Einer der Sprecher, Istvan Csurka von der Ungarischen Demokratischen Front, erklärte, der rumänische Diktator Nicolae Ceausescu sei zwar tot, es habe jedoch den Anschein, „als ob jemand seinen Geist am Leben erhalten wollte“.

Der ungarische Außenminister Gyula Horn wandte sich am Dienstag mit dringenden Botschaften an UNO-Generalsekretär Javier Perez de Cuellar, an den Präsidenten des Weltsicherheitsrates, Tesfaye Tadesse, und an die UNO -Menschenrechtskommission in Genf. Er bat darin um eine Vermittlung der Vereinten Nationen, damit für die ungarische Minderheit in Rumänien wieder normale Verhältnisse hergestellt würden. Die Menschenrechtskommission ersuchte er um die Entsendung einer Delegation nach Rumänien.

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