piwik no script img

Kronzeugenbonus für PKK-Mitglied

Berlin (taz) - Zum erstenmal in der bundesrepublikanischen Justizgeschichte hat ein Gericht darüber zu befinden, ob die umstrittene Kronzeugenregelung für „terroristische Straftäter“ zur Anwendung kommt. Der Weg dahin wurde der 27.Strafkammer des Berliner Landgerichts gestern von der Staatsanwaltschaft gebahnt: Sie forderte für den angeklagten Kurden Ali Cetiner (36) eine viereinhalbjährige Freiheitsstrafe wegen Mordes unter Anwendung der Kronzeugenregelung.

Dem ehemaligen Parteifunktionär der Kurdischen Arbeiterpartei PKK wird in dem Prozeß zur Last gelegt, im Juni 1984 in Berlin an der „Liquidation“ des Parteidissidenten Bayrakli beteiligt gewesen zu sein. Oberstaatsanwalt Neumann ging in seinem Plädoyer davon aus, daß Centiner zur Tatzeit ein „fanatischer“ PKK-Funktionär war, der die Tötung Bayraklis „bewußt und gewollt“ durchführen ließ. Neumann forderte aber trotzdem, daß die in der Kronzeugenregelung vorgesehen Strafmilderungsgründe voll zum Tragen kommen müßten, weil der Angeklagte mit seinen Aussagen dazu beigetragen haben, daß 16 Haftbefehle gegen ehemalige PKKler erlassen werden konnten. Daß die Kronzeugenregelung für „terroristische Straftäter“ bei Centiner gar nicht angewendet werden darf, weil die PKK bislang noch von keinen Gericht als „terroristische Vereinigung“ verurteilt wurde, war für Neumann kein Problem. Für ihn war es Fakt, daß die PKK eine „terroristische Vereinigung“ ist, weil sie von der Generalbundesanwaltschaft und dem Bundesgerichtshof als solche „angesehen“ werde.

Plu

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen