: LEMPs, NEMPs oder EED: Alptraum Datenverlust
„Das sichere Rechenzentrum“ auf der CeBIT Hannover ■ Mit dem UNGEMACH auf du und du
Hannover (taz) - Beim Beratungs- und Verkaufspersonal auf der CeBIT ist das strahlende Lächeln Standardmaske - nicht anders auch im Obergeschoß der Halle 18. Die antrainierte Freundlichkeit wirkt umso befremdlicher, wenn der Blick auf die Exponate fällt, die hier ausgestellt sind: verschmorte Computergehäuse, rauchschwarze Chips und zerschlagene Panzerglasscheiben. Zu kaufen ist das alles natürlich nicht. Aber Daten können erhackt, kopiert, ausspioniert, verbrannt, durch Stromausfall, Blitzschlag oder einen simplen Atomkrieg vernichtet werden. Die Sonderschau „Das sichere Rechenzentrum“ bietet Abhilfe gegen den Alptraum „Datenverlust“.
Siemens macht das Rechenzentrum abhörsicher, zwei Schritte weiter ist eine Broschüre zu bekommen, in der das EMV -Testzentrum seine Dienste anbietet. Herausgeber des Papiers: die Wehrtechnische Dienststelle „WTD 81“. Im Programm des Zentrums: Messung und Simulation von EMV (Allgemeine elektromagnetische Verträglichkeit), LEMP (Blitzsimulation) und eben NEMP (Nuklearer Elektromagnetischer Impuls). Das Angebot umfaßt auch das Checken auf die EED (Elektromagnetische Verträglichkeit der Munition), was immer das Angebot auf der Messe zu suchen haben mag.
Nachgerade harmlos sind da die „Störsimulatoren, Prüfpistole auch mit 330 Ohm Entladewiderstand“, deren Hersteller sich ganz „dem Schutz elektrischer Systeme in einer elektromagnetisch verseuchten Umwelt“ verschrieben hat. Nach handfesterem Einsatz verlangt das Produkt 'Contracrime‘: „durchwurf-, durchbruch-, durchschuß- und sprengwirkungshemmende Verglasung“, eine ideale Ergänzung für gleichfalls offerierte die „Drehsperre 'Kerberos grazil‘ de luxe“.
Überhaupt scheint die größte Gefahr nach wie vor vom Menschen, genauer, den eigenen MitarbeiterInnen auszugehen. Zuhauf sind Personenvereinzelungsanlagen, biometrische Zugangskontrollen mit Prüfung von Iris, Fingerabdruck und Stimme im Handel. Und wenn das alles nichts mehr hilft: die kostenlos erhältliche Fachzeitschrift „Protektor“, die in der Schweiz erscheint, gibt dem Werkschutz Tips für den optimalen Einsatz von Handfeuerwaffen.
Tritt der beschworene K-Fall doch einmal ein: Schnell das mobile Rechenzentrum mieten, das auf vier Lkws untergebracht ist. So können, selbst wenn oben die Firma brennt, noch alle Infos aus dem Rechner im Keller gerettet werden. Mit dem K -Fall ist nach einer zitierten amerikanischen Studie nicht zu spaßen: Die Überlebensfähigkeit von Sparkassen und Banken beträgt danach ungefähr zwei Tage. Unklar ist allerdings, ob K-Fall nun Katastrophen, Kredit- oder Konkursfall heißt.
Frank Holzkamp
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