: Kein Frieden in Sicht
■ Palästinenser in Israel bleiben skeptisch: Auch die Arbeiterpartei bietet keine Gewähr für direkte Gespräche mit der PLO
Tel Aviv/Berlin (taz) - In größter Gefahr wähnt der Likud -Falke Ariel Scharon nach dem Sturz der großen Koalition den Staat Israel. Mit eindringlichen Worten warnt der ehemalige Likud-Parteivorsitzende die religiösen Parteien vor Koalitionen mit einer Arbeiterpartei, die von „PLO -Sympathisanten, Kommunisten und Antizionisten“ getragen werde. Nimmt man Scharon beim Wort, so stünden mit einer von der Arbeiterpartei geführten Regierungskoalition ohne Likud -Beteiligung direkte Verhandlungen mit der PLO bevor. Dafür freilich spricht wenig.
Zwar geben führende israelische Palästinenser einer solchen Regierung gegenüber jeder Likud-Koalition den Vorzug, aber auch Arbeiterpartei-Führer Peres ist für sie kein Hoffnungsträger. Denn zum einen wissen sie, daß es augenblicklich schlicht keine Knesset-Mehrheit für Verhandlungen zwischen Israelis und PLO gibt. Und zum anderen unterscheiden sich Peres und Likud-Chef Schamir nur unwesentlich, wenn es um den Erzfeind PLO geht. Auch Peres hat sich nie exponiert, wenn es um das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser ging. Von einem Staat Palästina mochte er schon gar nichts hören.
Allgemein herrscht unter den Palästinensern die Überzeugung, daß es vor allem die Intifada war, die zur Regierungskrise und zum Sturz der vom Likud geführten „nationalen Einheitsregierung“ führte. Doch auch in einer möglichen Arbeiterpartei-Regierung sehen sie keine Garantie für eine Anerkennung der PLO durch Israel. Ein palästinensischer Journalist aus Jerusalem betonte, daß gegen einen wirklichen Friedensprozeß nicht nur das starke rechte Lager agiere, sondern daß auch innerhalb der Arbeiterpartei die „Tauben“ eine Minderheit seien. Faisal Husseini, ein prominenter Palästinenser-Führer, meinte, zuerst sei es wichtig gewesen, „die internationale Öffentlichkeit vom Friedenswillen der Palästinenser zu überzeugen“. Nun aber gehe es darum, den Israelis zu zeigen, daß „ein Friede mit den Palästinensern, vertreten durch die PLO, auch für Israel von Vorteil ist“. Und das dürfte weit schwieriger sein.
Durchweg positiv beurteilt Elias Freij, der christlich -palästinensische Bürgermeister von Betlehem, den Sturz von Schamir. Freij, dem man gute Beziehungen zur Arbeiterpartei nachsagt, sieht in Peres den geeigneten Mann für einen israelisch-palästinensischen Dialog in Kairo. Peres habe nicht nur den Kompromißvorschlag von US-Außenminister Baker akzeptiert, sondern sich auch gegen neue Siedlungen in der Westbank ausgesprochen. Doch unter all den skeptischen palästinensischen Reaktionen bleibt der Optimismus des Betlehemer Bürgermeisters eine Ausnahme.
aw/wasa
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