Schunge, da komms nich mehr müt

■ ZDF-Städteturnier „Kultur im Wettbewerb“: Erbarmen, die Bremer kommen

Hiea is unso Roland, on da sehnse: kaaaine kahle Wand ün Brem‘. Die Wände sün alle von Maaalern angemaalt, on der Bremo Senaat zahlt da sogar Geld für. Abbo in Brem‘ schnacken se ouch von Haitech on soo - Schunge, da komms midn aainfach'n Kompaßß nich mehr müt. On wasse da jetz‘ höööan, das is der Scheeems Last, ouch'n Bremo S -tadtmusikant...

Weeeß Bescheed? Nein, wer das nicht gesehen und gehört hat, weeeß nüch Bescheed: Bremen ZDF-Städteturnier - mit Hermann Gutmann als Stadtführer für Debile („wummms, da sützde in‘ Ratskeller“); mit Egon Wetterfrosch als Moderator durchs Bremer Kukuklukuku - nein, das Wort will sich nicht bilden nochmal: durchs Bremer Ku...llltur-Programm. Kulturprogramm. Doch, es nannte sich Kul

turprogramm, was dieser losgelassene Provinziantenstadl aus Bremen da aufgeboten hat.

Jaja, das Fernsehen. Kaum reißt eine Kamera ihre Linse auf, prostituiert sich jeder, auch wenn er sonst - ganz alter Naivkulturler - das Fernsehen als einen kulturlosen Verdummungsapparat verdammt. Und wenn sie sich bisher, die alten Naivkulturler, über den miesen Bremer Kulturetat beschwerten, über die skandalösen Subventionen fürs große Theater - und nicht fürs MOKS, nicht fürs du Pain dann sind sie jetzt am Sonntag beim ZDF öffentlich und zurecht hereingefallen: Dies geistlose, opportunistische, dies dilettantische Rangeschmeiße ans Massenfernsehpublikum mit seinem verachteten Geschmack - das soll man als unterstützenswerte Alternativkultur betrach

ten? Dies schauderhaft kindische MOKS-Gestammel? Dies Bierzelt-Animations-Gedudel der du Pains? Dies Polka -Shanty-Hohoho vom Waller Hart Backbord-Chor? Dieser Sofakissen-Jazz von Siggi Busch, von Michael Berger und Evelyn Gramel - „die richtig toll singen kann, das versichere ich Ihnen“, wie Egon Wetterplapper sagte. Und keiner - nicht mal die Frauen-Rockband Scraps, die einzig erträglichen - nein, nicht einmal die haben sich geschämt, neben und mit dem „singenden Hochschullehrer“ Dirk Busch den finalen „Bremen, ich steh‘ auf dich„-Chor zu grölen.

Aber Dirk Busch, diese Retortenkreuzung aus Fred Bertelmann und Gunther Gabriel, ist ein Partikel für sich. Er schämt sich ja nicht mal selber, dem deutschen Schlageranalphabetismus noch Butterfahrtslegasthenie hinzuzufügen und Reime zu baggern wie: „Sie ist ein echter Hauptgewinn. Es hat ganz einfach nur gekracht, und dann ham wir ganz laut gelacht.“

Das ham wir nicht. Nicht mal, als Bürgermeister Wedemeier das Bremer Kulturleben dargestottert hat: „Sie dürfen nur nüch Minüsterpräsident zu mir sagen. Sonst alles,“ erklärte er dem ZDF-Moderator Schedlich. Beiseite gesprochen hieß das: 'Sie dürfen mich nur nicht nach Bremer Kultur fragen. Sonst nach allem.‘ Er wußte nichts und faselte dafür umso mehr - von Kreativität in Bremen, von Eigeninitiative („aber das funktioniert eben.“), vom „Animationsmodellversuch“, bei dem „die Bürger an Kunst herangeführt werden sollen“, von Bremern, die „bekannt dafür“ seien, „daß sie viel selbst in die Hand nehmen.“ Ja, diese betulichen Armutskomplimente

kennen wir - überregional ist das noch nicht bekannt. Nur so läßt sich erklären, daß Wedemeier für dieses Armuts-Zeugnis „Sonderapplaus und einen Extrapunkt“ bekam.

Aber die eigentlichen Sieger - Bremen ist in der Wertung des Publikums auf dem zweiten Platz - die eigentlichen Sieger sind unsere Bremer Kulturalternativen, die sich, wie das bei unerfahrenen

Kamera-Geilen nun mal ist, auf würdeloseste Weise preisgegeben haben. So sieht das also in Wahrheit aus mit der alternativen Kritik an subventionierter Hochkultur: Man wäre gern genau so hoch. Aber es reicht halt nicht. Und wenn solche Leute dann mal ins Fernsehen dürfen, verwandelt sich das alternative Greinen in das Geröhre vom Blauen Bock.

Sybille Simon-Zülch