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Teilzeit bei der Straßenbahn illegal?

■ Deutsche Angestellten Gewerkschaft klagt Arbeitsrecht und Frauendiskriminierung ein / BSAG will Verträge überprüfen

Bei der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) arbeiten derzeit 300 Frauen in Teilzeit. Die Arbeitsverträge sind - das jedenfalls behauptet die Deutsche Angestellten Gewerkschaft (DAG) - rechtlich unhaltbar. Die Gewerkschafter attackieren vor allem die vertraglich vereinbarte Flexibilisierung der Arbeitszeit „zwischen 90 und 120 Stunden“ im Monat. „Es besteht“, so heißt es in den Arbeitsverträgen ausdrücklich, „kein Anspruch auf Ableistung einer bestimmten Zahl von Arbeitsstunden“.

Durch die variable Zeitarbeit dienten die 300 ArbeitnehmerInnen als „stille Reserve bei der BSAG“, kritisierte gestern DAG-Sekretär Hartmut Frensel. Sie ermögliche dem Unternehmen einen bedarfsorientierten Rückgriff auf ein Arbeitskräftereservoir, das ohne Überstundenzuschläge in vorwiegend ungünstigen Dienstzeiten eingesetzt würde. „Diese Teilzeitverträge verstoßen eindeutig gegen das Beschäftigungsförderungsge setz“, erklärte der Gewerkschafter und kündigte eine Feststel

lungsklage vor dem Bremer Arbeitsgericht an. Die DAG beruft sich dabei auf die Aussagen des Bremer Arbeitsrechtlers Wolfgang Däubler, der nach Einsicht in die Verträge „eine große Zahl von Vereinbarungen“ festgestellt hatte, „die so überhaupt nicht gehen.“ Nach geltendem Recht verstoße die „Bandbreitenregelung“ der BSAG-Teilzeitverträge (90-120 Stunden) gegen die rechtliche Absicherung der Arbeitszeit. Däubler: „Es ist rechtlich unzulässig, daß die Frauen erst aus dem Schichtplan ersehen, wie

lange sie zu arbeiten haben.“

Die DAG macht aber nicht allein arbeitsrechtliche Bedenken gegen die BSAG-Verträge geltend. „Da die Teilzeitkräfte ausschließlich Frauen sind, werden wir den europäischen Gerichtshof in Brüssel anrufen“ erklärte Frensel. Klagegrund: Die Verträge diskriminieren die Frauen der BSAG. „Kein einziger Mann muß bei der BSAG unter solchen Bedingungen arbeiten“, weiß der Gewerkschafter. Auch seien die Aufstiegschancen für Frauen sehr begrenzt: Unter 100 VerkehrsmeisterInnen bei der BSAG sei nur eine Frau.

BSAG-Pressesprecher Wolfgang Pietsch erklärte, daß man den Vorwürfen der Gewerkschaft nachgehen werde. Die Straßenbahngesellschaft hatte sich bereits in einem Rechtsgutachten der Bremer Anwälte Klischies und Richter bestätigen lassen, daß die Rechtsauffassung der DAG „unzutreffend ist und offensichtlich auf einem laienhaften und völlig oberflächlichen Verständnis der Rechtsprechung beruht“. Durch die Stellungnahme des

Rechtsprofessors Däubler verunsichert, will die BSAG ihre Teilzeitverträge jetzt erneut überprüfen, und zwar in einer Auseinandersetzung mit Däubler selbst.

Weniger verständnisvoll zeigte sich die Betriebsratsvorsitzende des Straßenbahnunternehmens, Helga Helmke (ÖTV), gegenüber den Vorwürfen der DAG. „Die 300 Frauen, die hier in Teilzeit arbeiten, wollen das auch, und zwar zu den Bedingungen, die vertraglich festgelegt sind.“ Zwar komme es vor, daß einzelne immer wieder zu ungünstigen Zeiten wie montags, freitags und am Wochenende fahren müßten, aber unter solchen Bedingungen hätten sie schließlich den Vertrag unterschrieben. Von Frauendiskriminierung könne bei der BSAG keine Rede sein: Hier gebe es gleichen Lohn, gleiche Arbeitsverträge und die gleiche Zahl von Urlaubstagen. Helga Helmke kann sich nicht erklären, wie die DAG zu ihrer Kritik kommt. Zum Vorwurf der Konkurrenzgewerkschaft erklärte sie: „Ich verstehe das alles nicht.“ Markus Daschne

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