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Sexismus - Rassismus

■ Das Fremde außen vor lassen - über Rechtsextremismus und Ausgrenzungen des Fremden

Die Verknüpfung von Sexismus und Rassismus war der rote Faden, der die Veranstaltungen von Halina Bendkowski, Cornelia Mansfeld und Iris Bubenick-Bauer verband. Die These der ersteren, Kulturreferentin des Berliner Frauen -Stadtteilzentrums in Kreuzberg, der Schokofabrik, lautete lapidar: „Rassismus ist zweigeschlechtlich, wie die Moral.“ Gemeint ist das unterschiedliche Wertesystem von Frauen und Männern, daß eine unterschiedliche Produktivität in der Gesellschaft bedeutet und entsprechend auch speziell weiblichen und männlichen Rassismus. „Rechts-Extremismus als Männerfrage“ sei aber nur die institutionalisierteste Form westdeutschen Faschismus, in den Frauen nachrücken würden, die heute „nur“ Mittäterinnen sind.

Differenziertere Blickwinkel auf das Beteiligt-Sein von Frauen an der Ausgrenzung des Fremden kamen von der zweiten Referentin, der Soziologin und Ausländer-Arbeiterin. Die interessante These - „Die Frau ist das Fremde in der patriarchalen Gesellschaft. Diese verweiblicht das Fremde in Gestalt von AusländerInnen“ - konnte sie leider nicht klar aus

führen. Das 300köpfige Publikum wehrte sich gegen den als patriarchale Setzung empfundenen Status „Fremde“. Sind doch nicht nur den Frauenwochen-Fans Männer viel fremder als Frauen. Einen strategischen Fehler beging die Referentin in dem aufflammenden Streit mit dem Hinweis, sie sei ja heterosexuell. Trotzdem konnten einige mit den Ansätzen etwas anfangen: Die zwiespältige Rolle der Mittel-Europäerin dem Fremden gegenüber ist einerseits bestimmt von ihrem eigenen Ausgegrenzt-Sein aus Anerkennung und (ökonomischer) Wertschätzung. Dementsprechend betont die Feministin ihr Nicht-Dazugehören als Distanz und bewußtes Anders-Sein, das Verantwortung für den Zustand der Gesellschaft weitgehend ablehnt. Zum anderen zeigt ihre Unfähigkeit, mit dem Fremden in Gestalt von Armut, Verrückt-Sein, Drogensucht, Behinderung umzugehen, als auch mit Menschen aus anderen Kulturen ihre Identifikation mit dem chauvinistischen Blick, der das Fremde als hilflos, passiv, beängstigend oder minderwertig einstuft. Die Frage von Feministinnen, ob Prostituierte Täterinnen oder Opfer sind, enthält rassisti

sche und sexistische Züge zugleich - die doppelte Ausgrenzung des Fremden.

Ungleich wichtiger sei für den Norm-Mann aber die Bestätigung seiner Existenz, indem er sich permanent vergewissert, dem Fremden nicht zu gleichen, nicht der eigenen Frau und nicht dem Ausländer. Sie dürfen nicht ihm gleich sein, weil er dann nicht mehr weiß, wer er ist. Genau dies bildet den Hintergrund zu einem jüngst im Hamburger Abendblatt erschienenen Artikel mit dem Titel „Hamburgs Wirtschaft zieht die Geliebte Dresden der Ehefrau Sachsen vor“. Eine Besucherin zitierte Bürgermeister Vorscherau aus dem folgenden Artikel: „Zwischen dem sächsischen Industrierevier und dem Hamburger Hafen gibt es traditionell eine Wirtschaftsehe. Es geht hier nicht um einen Flirt, sondern darum, diese Ehe nach jahrzehntelanger Trennung von Tisch und Bett wieder neu zu beleben. Zum beidseitigen Vorteil.“ Voraussetzung der Ausbeutbarkeit von Frauen, Kolonien, AusländerInnen ist die Stufe zwischen dem Ego und dem Fremden.

„Menschen in Kolonien werden genau wie Frauen biologistisch

vermessen. Die ersten waren immer Missionare.“ Dies stammt von Iris Bubenik-Bauer, Uni-Dozentin und China-Kundige, die vor 200 Frauen eine Anklage gegen Feministinnen, Ökologisch -alternativ Bewegte und Linke richtete. Ihr Vortrag benannte die versteckte Ausgrenzung von Frauen anderer Kultur, Lebensart und Hautfarbe. Das Schweigen, das Nicht-Mitnennen, das Nicht-Ansprechen, das einseitige Erwähnen als passives, rückständiges Opfer der Verhältnisse, das Nicht-Benennen der Stärken, der Traditionen, der Mythologien der fremden Kultur - all das schriebe den Rassismus der Ausgrenzung fort. Im schlappen bis unformulierten Protest gegen die AusländerInnen-Gesetze sei die Kontinuität zu sehen, die das Fremde nicht hereinnimmt, sondern außen vor läßt. Die Geradlinigkeit, die in der anklagenden Position der Referentin begründet ist, stieß auf große Resonanz. Das Böse war benannt. Realpolitische Zwiespälte waren unter Beifall vom Tisch gefegt. Fundamental. Alle drei Veranstaltungen verlangen im nachhinein zu neuerlicher Standort-Suche angesichts des gesellschaftlichen Rechts-Rucks. gür

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