: Ein ganzes Jahr lang Theater machen
■ Neues Jugendtheater „Fluchthilfe“ nahm nun in Kreuzberg die Proben auf / Noch DarstellerInnen gesucht
„Wir wollen berühmt werden“, so die einfache Antwort des 16jährigen Kai auf die Frage, warum er bei dem Jugendtheater Fluchthilfe mitmache. „Man lernt 'ne Menge neuer Leute kennen“ und „wir wollen einfach Spaß haben“, ergänzen andere.
Zweimal wöchentlich treffen sich die angehenden 12- bis 17jährigen SchauspielerInnen und MusikerInnen in der Kreuzberger Antenne und im Wasserturm, um selbständig ein Stück zu entwickeln. Ende dieses Jahres soll es aufgeführt werden. Die Handlung, so Undine Barge, Leiterin der Theatergruppe, ist völlig offen: „Die Jugendlichen sollen den Inhalt des Stückes nach ihren eigenen Vorstellungen entwickeln.“
In den ersten Stunden geht es zunächst um die Vermittlung der grundlegenden Techniken. Aber es soll „lernen ohne Streß sein“, so Barge. Die Theatergruppe versucht verschiedenste Charaktere zu entwickeln und darzustellen. Die Leiterin gibt der Hälfte der Gruppe leise einen Begriff, den diese dann darstellen sollen. Die andere Hälfte muß raten, was gemeint ist. Auch wenn häufig völlig falsche Begriffe geraten werden, fördere es doch die Kreativität und entwickle erste Charaktere für das Stück.
Die Musiker des Ensembles wiederum wollen erst das koordinierte Zusammenspielen üben. Die wenigsten haben Erfahrungen im Gruppenspiel. Viele wollten anfangs lieber schon existierende Songs nachspielen, aber das lasse sich für ein neues Rocktheaterstück wenig verwenden, meint Andreas Teborcz, Leiter der Musikgruppe und selbst Musiker. Vom Stil her soll es vielfältig werden - häuptsächlich Rock. Genaueres hänge nun aber noch davon ab, welche Vorstellungen die Theatergruppe entwickele. „Wenn die irgendwas mit Afrika machen, dann müssen wir eben die Bongos rausholen.“ Die Instrumente - hauptsächlich Schlagzeug, Keyboards, Gitarre und Saxophon - wurden zum größten Teil von den Organisatoren gestellt.
Enttäuscht sind viele TeilnehmerInnen, daß nur zirka 15 Personen an dem Projekt mitmachen. In der Werbung für das Projekt waren gezielt auch Jugendliche aus der DDR und ausländische Kinder aus Kreuzberg angesprochen worden. Doch aus der DDR gab es keinerlei Resonanz. „Die haben wohl genug eigene Probleme“, meinte eine Teilnehmerin. Jugendliche, die Interesse haben, nachträglich einzusteigen, sind weiterhin willkommen, so Undine Barge (Telefon: 25887223). Der Name des Projektes - „Fluchthilfe“ - hat nichts mit der Flucht aus der DDR zu tun, vielmehr soll es „als Flucht aus dem Alltag in etwas Kreatives“ verstanden werden.
In den Sommerferien will die Gruppe für drei Wochen zusammen wegfahren. Da soll dann das eigentliche Stück entwickelt werden. Die Idee zu diesem Projekt ist aus den Erfahrungen mit bisherigen Ferienprojekten entstanden: „Wir wollten nicht immer nur für drei Wochen so was machen, sondern das ganze Jahr über.“
Rochus Görgen
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