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L E T Z T E M E L D U N G Kurt Scharf ist tot

Der langjährige evangelische Bischof von Berlin-Brandenburg, D.Kurt Scharf, ist am Mittwoch in Berlin im Alter von 87 Jahren gestorben. Er war am Nachmittag in einem Linienbus der BVG plötzlich zusammengebrochen und von der Feuerwehr in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Dort konnte nur noch sein Tod festgestellt werden.

Der am 21. Oktober 1902 in Landsberg/Warthe geborene Scharf war von 1966 bis 1976 Bischof im geteilten Berlin, als Nachfolger von Otto Dibelius von der östlichen und der Westberliner Synode der Berlin-Brandenburgischen Landeskirche noch als gemeinsamer Bischof gewählt. Er konnte jedoch sein Amt nur in West-Berlin wahrnehmen und setzte sich später auch selbst für die Trennung des Amtes ein.

Der Berliner Bischof Martin Kruse hatte anläßlich des 85. Geburtstages das Eintreten seines Vorgängers für „Menschen in Schwierigkeiten ohne Ansehen ihrer Schuld und ohne Rücksicht auf Opportunität“ gewürdigt. Scharf hatte sich nicht nur in der Kirche immer wieder für Versöhnung und Ausgleich eingesetzt und wurde so auch für viele Jugendliche ein Vorbild und Sinnbild für Glaubwürdigkeit. Kritiker machten ihn dagegen verantwortlich für einen angeblichen „Linksruck“ in der Berliner evangelischen Kirche in den 60er Jahren.

Scharf war für die Gefangenenhilfsorganisation amnesty international tätig und auch Vorsitzender der „Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste“. Bis in sein letztes Lebensjahr setzte er sich für Inhaftierte ein, darunter auch für solche, die wegen terroristischer Straftaten verurteilt wurden. Auch engagierte er sich leidenschaftlich für die weltweite Abrüstung und beteiligte sich an Aktionen der Friedensbewegung in der Bundesrepublik.

Scharf war ab 1933 Pfarrer der Gemeinde Sachsenhausen bei Berlin, wo er im späteren KZ auch Martin Niemöller besuchte und die oft brutalen Transporte russischer Kriegsgefangener in das KZ miterleben mußte. Er gehörte früh zur Bekennenden Kirche und wurde sieben Mal von den Nationalsozialisten verhaftet. Nach dem Krieg war er Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche der Union und lange Jahre auch Stellvertreter in diesem Amt.

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