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U-Boot-Handel wird Kohls Watergate

Kieler Staatsanwaltschaft packt vor Bonner U-Boot-Ausschuß aus: Bundesregierung hat für Fortführung des Geschäfts gesorgt / Südafrika erhielt komplette Pläne und hat mit dem Bau begonnen / Erneut schwere Anschuldigungen gegen Stoltenberg  ■  Aus Bonn Gerd Nowakowski

Die dem Bonner U-Boot-Auschuß vorgelegten Akten der Kieler Staatsanwaltschaft beweisen nach Darstellung der Grünen, daß das illegale U-Boot-Geschäft trotz gegenteiliger Behauptungen fortgeführt wurde. Damit habe die Bundesrepublik ihr „seit Wochen in der Luft liegendes Watergate“, erklärten die Mitglieder des parlamentarischen Untersuchungsausschusses Eid und Beer.

Nach vorliegenden Informationen konnte deshalb Ende 1988 mit dem Bau der U-Boote in Südafrika begonnen worden. Neben den Vertragspartnern Howaldtswerke Deutsche Werft (HDW) und der Lübecker IKL sollen ein Dutzend deutsche Firmen, darunter MTU und Siemens, an dem Waffengeschäft beteiligt sein. Zweifelsfrei erwiesen sei nun ebenfalls, daß Mitarbeiter der HDW und IKL in Südafrika eingesetzt werden. Die neuen Informationen belasten erneut den Bundesminister Stoltenberg (CDU). So sei das Geschäft vom Verteidigungsministerium und dem Finanzministerium gedeckt worden - beides Stoltenberg-Behörden.

Die gestern dem nicht öffentlich tagenden Untersuchungsausschuß von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Akten erhärten nun auch frühere Berichte, daß die kompletten Pläne an Südafrika geliefert wurden, darunter auch als geheim eingestufte Zeichnungen. Weil die beteiligten Firmen Pläne jener U-Boote nach Südafrika lieferten, die vertragsgemäß für Indien bestimmt waren, will die Kieler Staatsanwaltschaft nun erneut wegen Bruchs des Geheimschutzabkommens mit Indien ermitteln. Dazu ist allerdings die Ermächtigung der Bundesregierung notwendig. In der Vergangenheit war diese Ermächtigung unter Mitbeteiligung von Bundesminister Stoltenberg versagt worden.

Nicht nur bundesdeutsche Unternehmen haben gegen das völkerrechtlich bindende Waffenembargo der UN gegen Südafrika verstoßen, sondern auch die Nato-Partner Spanien und Türkei sollen auf Bitten der Bundesregierung „Amtshilfe“ geleistet und Bauteile in den Apartheitstaat geliefert haben. Aus den Unterlagen der Staatsanwaltschaft gehe auch hervor, daß Bundeskanzler Kohl bei einem Türkeibesuch Fortsetzung auf Seite 2

Details der illegalen Rüstungskooperation besprochen habe. Einer der Staatssekretäre des damaligen Finanzministers Stoltenbergs habe außerdem mit Firmenvertretern konspiriert, um die illegalen Exporte über Drittländer am zuständigen

Bundesamt für Wirtschaft vorbei zu ermöglichen.

Bundesminister Stoltenberg selbst habe bereits im Dezember 1986 Kenntnisse über Provisionszahlungen und Schmiergelder gehabt, ergibt sich nach Darstellung der Grünen ebenfalls aus den Unterlagen der Staatsanwaltschaft. Unterdessen wurde bekannt, daß die Staatsanwaltschaft ihre den Abgeordneten überlassenen Akten wieder einsammeln muß. Das Kieler Landgericht hat gestern entschieden, daß die Unterlagen bis zur Klärung von Einsprüchen der beschuldigten Firmen dem Ausschuß nicht zu Verfügung gestellt werden dürfen.

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