Werbung gibts nicht umsonst

■ PRO 7 finanziert 5 Millionen Mark nur vor / Radio Bremen zittert nicht

Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Einen Tag, nachdem der Weserkurier mit der Schlagzeile „Radio Bremen zittert um die Werbeeinnahmen“ die Öffentlichkeit vom vermeintlichen „Medien-Raubrittertum“ des privaten Fernsehsenders Pro 7 unterrichtete, waren die Beteiligten um Aufklärung bemüht.

Bekannt geworden war gestern die Existenz eines Vertrages zwischen der Bremer Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WfG) und dem Münchener Privatsender. PRO 7 hatte darin als Gegenleistung für die zehnjährige Nutzung einer terrestrischen Fernseh-Frequenz in Bremen das Angebot unterbreitet, ortsansässigen Firmen Werbeminuten für 5 Millionen Mark zur Verfügung zu stellen. Furcht also bei Radio Bremen angesichts der eigenen katastrophalen Finanzsituation und des neuen Konkurrenten? Dr. Peter Dany, Verwaltungsdirektor des Senders, sagt nein. „Einen völlig normalen Vorgang“ nannte er gegenüber der taz das mögliche Abwandern der Werbeklientel, den er „leidenschaftslos betrachte“. Dany, der den Vertrag - inoffiziell - kennt, sieht keinen Grund, in Jammern und Wehklagen auszubrechen. „Der Konkurrenz müsse man sich stellen“, das sei

das Gebot der Stunde. Und in dieser Hisicht bestehe bei Radio Bremen durchaus Grund zum Optimismus.

Auch aus München kam gestern Entwarnung. PRO 7 mache nur nationale Werbung, betonte ihr Marketing-Sprecher Wölfle, und werde Radio Bremen keine regionalen Kunden mit diesem Vertrag abnehmen. Zudem handele es sich keineswegs um eine kostenlose Offerte von Sendeminuten. Die 5 Millionen Mark, die über eine Laufzeit von drei Jahren angelegt sind, sind ausschließlich als Vorleistung und Media-Darlehen gedacht. PRO 7 geht, so Wölfle, davon aus, den gesamten Betrag auf Heller und Pfennig, aber ohne Zinsen, zurückerstattet zu bekommen. Bei der Entwicklung des Vertragsgedankens ist offensichtlich gemeinsam mit dem Senat, der von Beginn an einbezogen war, das Modell am Beispiel der Firma Europart durchgespielt worden. Die inwischen in Konkurs gegangene Bremer Zulieferfirma für TV-Geräte sollte mit der Installierung einer eigenen Fernseher-Produktion die komplette Summe von 5 Millionen Mark in nationalen Sendeminuten beanspruchen und diese Media-Beteiligung in den Verkaufspreis einkalkulieren. 20 Mark wären dann

pro verkauftem Fernseher an PRO 7 zurückgeflossen. Die Absprache sah weiter vor, daß PRO 7 aus dem Vertrag aussteigt, wenn die 5 Millionen erstattet sind und weitere Zahlungen aus den Verkaufserlösen von Europart an den Senat zu Zwecken der Kulturförderung abzuführen wären. Seit dem Konkurs der Firma ist laut PRO 7 „bis heute kein weiterer Firmenname von Bremer Seite“ auf den Tisch gebracht worden. Bemüht sein wird darum die WfG, die als Vermittlerin der Werbezeiten nach vorläufigen Informationen 15 Prozent der Werbeumsatzsumme kassiert. Bei einer Ausnutzung in voller Höhe wäre das eine Einnahme für die WfG von sage und schreibe 750.000 Mark.

Ob allerdings, wie der Weserkurier schrieb, PRO 7 sich tatsächlich als „spendabel“ präsentierte, kann angezweifelt werden. Gemessen an den Summen, die SAT 1 und TELE 5 jährlich für die Frequenzen zahlen müssen, scheint PRO 7 mit dem Angebot, den Wirtschaftsstandort Bremen per hauseigener Vorfinanzierung ins mediale Rampenlicht zu rücken, den Senat zu einer recht billigen Herausgabe der Bremer Sendeerlaubnis bewegt zu haben.

anh