Nur Fleisch belebt das Verlagsgeschäft

■ Das Schwulenmagazin 'magnus.‘ steckt in der finanziellen Krise / April-Ausgabe ist noch gesichert / Einleger für stillen Gesellschafterverein werden gesucht / „'magnus.‘ wird erotischer“, heißt die Devise für eine sicherere Zukunft

Ganz hoffnungsfroh fing am 1. Oktober letzten Jahres alles an, die Nürnberger Schwulenzeitung 'Rosa Flieder‘ und die 'Siegessäule‘, Berlins Monatsblatt für Schwule, starteten gemeinsam bundesweit das Monatsmagazin 'magnus.‘. 100.000 Mark Startkapital hatte man in der Schwulengemeinde im ganzen Land gesammelt, 1.700 Abonnenten erklärten sich bereit, den Neuanfang mitzumachen, mit 15.000 Exemplaren ging man in die Läden, an die Kioske und in die Briefkästen. Jetzt droht dem ehrgeizigen Bewegungs-Blatt das Aus, obwohl 'magnus.‘ mit derweil 2.300 Abos und 9.000 verkauften Exemplaren nicht schlecht dasteht.

„Schulden bedrohen das Projekt“, berichtet Geschäftsführer Bernd Offermann aus den Redaktionsräumen in der Schöneberger Monumentenstraße. Zu den Schulden sei es durch die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs gekommen, mehr als die Hälfte des Startkapitals sei dafür draufgegangen. Außerdem habe die mangelnde geschäftsführerische Sorgfalt seines Vorgängers zur aktuellen Krise beigetragen, so Offermann weiter. „Da wir mit unseren laufenden Zahlungen nie im Verzug waren, haben wir den Schuldenberg lange nicht bemerkt.“

„Jetzt ist eine Roßkur angesagt“, Offermann und seine Mannen sind kräftig dabei, den drohenden Konkurs abzuwenden. Im Personalbereich der freien Mitarbeiter wird abgespeckt, neue Verträge zu besseren Bedingungen sollen mit Lieferanten ausgehandelt werden, ein stiller Gesellschafterverein wird gegründet, mit mindestens 2.500 DM Einlage kann jeder dabei sein. Zur Kooperation wurde gar ein Verleger gesucht, doch bislang biß keiner an. Zur tatkräftigen Unterstützung will man auch vermehrt mit anderen schwulen Projekten und Initiativen zusammenarbeiten. Einige Autoren haben auch schon einen zwischenzeitlichen Honorarverzicht angeboten. Von der bisherigen Druckauflage von 15.000 Heften gingen bislang auch 2.000 jeweils als Werbeexemplare in die DDR, sobald da das Notwendige geregelt ist, sollen auch die Ost -Schwestern 'magnus.‘ kaufen und abonnieren können. Auch das Anzeigengeschäft soll verstärkt angekurbelt werden. Neben den treuen Berlin-Kunden will man nun noch verstärkter im Bundesgebiet akquirieren. Die Auslieferung der April-Ausgabe ist gesichert, 16 der 84 Seiten wurden schnell wieder herausgenommen, um die Druckkosten bezahlen zu können.

Doch um die Käufer halten und neue hinzugewinnen zu können, soll sich auch im Heftinnern einiges ändern. Der „visuelle Anteil“ - so formuliert sich das - soll erhöht werden, und meint damit, daß mehr Fleisch ins Magazin gehört. „'magnus.‘ soll erotischer werden“, beschreibt der Kultur-Redakteur Benjamin Scheffler die neuen Pläne. Mit den sechs Ausgaben, die bislang erschienen, habe man die Erfahrung gemacht, daß Titelbilder mit nackten Männern sich weitaus besser verkauften als andere. „Mehr Fotos und Lifestyle-Geschichten wollen die Leser“, so Scheffler, „das geht zu Lasten anderer Themen, ob uns das paßt oder nicht.“ Nicht mehr der Blick auf die korrekte ästhetische Aufbereitung soll ausschlaggebend sein - „jetzt müssen wir verkaufen“.

Mit dieser „Marktanpassung“ geht 'magnus.‘ den Weg, den die kommerzielleren Blätter fürs gleichgeschlechtliche Publikum schon längst eingeschlagen haben. Nicht mehr die Politpostille für den Selbstverständigungsprozeß der Schwestern in Bewegung ist gefragt, der Kaufanreiz geht vermehrt über den Unterleib. Dafür müssen mehr Aktfotos her, lediglich der amtlich korrekte Neigungswinkel der abgebildeten Dödel (45 Grad, Anm. d. Red.) muß eingehalten werden, sonst macht's der prüde Postvertrieb nicht mit. Daß aber auch das geschriebene Wort für Schwierigkeiten sorgt, vermuten die 'magnus.'-Macher. Das März-Heft nämlich wurde ohne Begründung weder in Bayern noch in Baden-Württemberg vom Großhandel ausgeliefert. Die Redaktion hat nur eine Vermutung: „Zwei Fäuste für ein Halleluja“, die Gebrauchsanleitung für den korrekten Faustfick muß jemanden direkt aufs Auge getroffen haben.

eka