Stasi-Mitarbeiter in Kripo und VP

Westberliner Bedenken gegen Übernahme von MfS-Spezialisten / Kripo und Polizei im rechtsfreien Raum  ■  Aus Berlin Dirk Asendorpf

„Wir warten hier alle nur noch auf die Übernahme durch Westberlin.“ Diese Stimmung beschreibt einer der rund 1.500 Hauptstadt-Kriminalisten. Doch während auf den Anschluß an den Westen noch einige Zeit gewartet werden kann, ist ein anderer Anschluß bereits weitgehend abgeschlossen: Die Integrierung ehemaliger Stasi-Mitarbeiter in die Reihen der Berliner Kripo.

45 Spezialisten des ehemaligen Amtes für Nationale Sicherheit (AfNS) sollen es nach Auskunft des Volkspolizei -Präsidiums sein, die den Weg in die Berliner Kripo geschafft haben. Sie seien „nach Kriterien des Zentralen Runden Tisches“ aus rund 300 Bewerbern ausgesucht worden, weitere ehemalige Stasi-Mitarbeiter würden nicht mehr eingestellt. Kein einziger leitender Stasi-Offizier sei unter den neuen Kriminalisten. Zudem, so verspricht das Vopo -Präsidium, solle das Dienstverhältnis ehemaliger AfNS -Mitarbeiter sofort wieder gelöst werden, wenn Fakten bekannt würden, die „unvereinbar mit den Anforderungen an einen Kriminalisten sind“. Wieviele ehemalige Stasi -„Spezialisten“ inzwischen in die Reihen der normalen VP aufgenommen wurden, ist bislang nicht zu erfahren.

Doch Zweifel gibt es selbst an den schon genannten Zahlen und der tatsächlichen Zuverlässigkeit der ehemaligen Stasi -Mitarbeiter nicht erst seit den Berichten über die neue „Anti-Terror-Einheit“ (vgl. nebenstehenden Kasten). Sie kommen auch aus Westberlin. „Ich habe erhebliche Zweifel, ob Ex-Stasi-Mitarbeiter sich jetzt in unsere Polizei integrieren können“, sagte der dortige stellvertretende Polizeichef Dieter Schenk gegenüber der taz, „Polizeibeamte müssen in ihrer inneren Haltung rechtsstaatlich sein.“

Die „Ermittlungsmethoden“ der Stasi seien eine ganz schlechte Schule. „Die denken einfach falsch“, sagt Schenk. In der BRD müßte die Polizei immer auch an das spätere Gerichtsverfahren denken, in dem auch Ermittlungsmethoden von der Verteidigung überprüft werden. Allerdings, so Schenk, müßten über die gesamte Frage der Polizei-Vereinigung zunächst die Alliierten beraten: „Der große Rahmen muß erstmal erarbeitet werden.“

Doch ganz so schleppend geht es mit der Integration der beiden Polizeiapparate nicht voran. Schon heute gebe es viele Beispiele „unkonventioneller Zusammenarbeit“ zwischen den Kriminalisten in Ost und West, erklärte der Vorsitzende des Verbandes Deutscher Kriminalbeamter (BRD), Ingo Herrmann. Was dabei vor allem fehlt, ist eine Rechtsgrundlage. Denn noch immer gibt es zwischen den beiden deutschen Staaten kein Rechtshilfeabkommen. Grenzüberschreitende Ermittlungen bewegen sich in einer juristischen Grauzone.