piwik no script img

Bilanz: Negativ

■ Frauenwoche hat Erwartungen nicht erfüllt

„Wir müssen unsere Unterdrükkung lernen, ob schwarz oder weiß!“ Ist das das Resultat der Frauenwoche? Nein, da war doch noch etwas. Die weißen deutschen Frauen wollten auch begreifen, wann, wo und wie sie selbst andere „fremde“ Frauen und vielleicht auch Männer und Kinder unterdrücken.

Sei es aus Neugier oder sei es zur Bereicherung des Selbstbewußtseins, jedenfalls waren Veranstaltungen, die in erster Linie den Rassismus thematisierten, gar nicht mal so schlecht besucht.

Doch die Schwierigkeit lag wohl für viele weiße, nicht -jüdische, inländische Feministinnen nicht darin, rassistische Elemente in sich selbst zu akzeptieren als vielmehr den Rassismus als ihr eigenes Problem zu erkennen, das dringend nicht nur privat, sondern auch politisch angegangen werden muß.

Viele Frauen schienen sichtlich beruhigt zu sein, als Christina Thürmer-Rohr in ihrer Veranstaltug „Deutsch -deutsche Sturzgeburt“ am letzten Tag der Frauenwoche das Patriarchat oder die „männliche Monokultur“ als die Wurzel aller Erniedrigung, Zerstörung, Gewalt und demzufolge auch der Rassismen beschrieb.

Die Solidarität unserer weißen, nicht-jüdischen, deutschen Schwestern mit uns schwarzen Frauen besteht also in der Bekämpfung des Sexismus.

Das selbstbewußte Auftreten der Lesben in der Öffentlichkeit oder das Bemühen der Frauen um Quotierungen in den Parteien und Institutionen sind die Beispiele des Widerstands der bundesrepublikanischen Frauenbewegung. Das hat nicht nur uns schwarze Feministinnen reichlich unzufrieden gemacht, sondern, wie es scheint, auch einige weiße.

Nun soll die Triebkraft der frauenbewegten Frauen nicht mehr die Egozentrismus sein, sondern die Frauenbewegung soll sich ganzheitlich politisieren.

Weiterhin meint Christina Thürmer-Rohr, daß das Patriarchat in seiner Gesamtheit analysiert werden muß, wobei dann andere Unterdrückungsformen miteinbezogen sind. Dies würde den Frauen helfen, aus ihrer „beschränkten“ Sichtweise herauszukommen, würde ihnen den Zugang zu Weltfragen öffen.

Aber was bedeutet das für die Praxis? In welcher Art und Weise wird sich der feministische Widerstand unter Weltbezug in der Bundesrepublik artikulieren?

Für uns Emigrantinnen ist der Rassismus der Zugang zu Weltfragen. Wir können uns gar nicht den Luxus leisten, uns gesondert gegen Sexismus aufzulehnen, weil uns der Rassismus daran hindert. Ob Sexismus oder Rassismus, wir kennen jegliche Art von Unterdrückung, und wir wissen, es ist alles eins. Doch das glauben uns inländische gebildete oder nicht gebildete Feministinnen nicht. Denn woher sollten wir armen, von allen unterdrückten Wesen, auch etwas wissen, was Inländerinnen noch nicht erfahren haben?

Bundesrepublikanische Feministinnen müssen erst analysieren, ihre Identität finden und antipatriarchalisch den Begriff Heimat besetzen. Uns nicht-deutschen Feministinnen bleiben Gott sei dank solche Probleme erspart. Unsere Identität ist längst die des nicht Dazugehörens und unsere Heimat das Unrechtbewußtsein, egal ob wir ale Emigrantinnen in der Bundesrepublik leben oder in unseren Herkunftsländern der anderen Welt.

Wir sind die Sklavinnen des Patriarchats, des Kapitals, der Großmächte. Wir sind die Sklavinnen Europas und die der Deutschen.

Wir sind aber auch Frauen, Feministinnen, Kämpferinnen, Lesben, Intellektuelle, Arbeiterinnen, Mütter und Hausfrauen, genau wie Ihr. Und wenn Begriffe oder Ideale wie Gerechtigkeit, Freiheit, Liebe, Hoffnung, Sinnlichkeit, Würde, Mut und Ehrlichkeit jemals wieder in unseren Herzen an Bedeutung gewinnen sollte, dann nur durch uns gemeinsam. Denn weder Ihr schafft Eure Befreiung alleine noch wir, weil es nicht drei Welten gibt, sondern nur eine.

Eine Woche lang haben wir uns anregen und informieren lassen. Wir hatten Zeit genug, unsere bisherigen Handlungs und Denkweisen zu reflektieren, so daß zumindest auf dem Abschlußplenum die Frage nach Bündnissen, Strategien und Perspektiven hätte andiskutiert werden können. Das Plenum jedoch war nicht nur sehr schlecht besucht, sondern auch die Auseinandersetzung über die unterschiedliche Bezahlung der Helferinnen der Frauenwoche wies uns darauf hin, wie weit Theorie und Praxis voneinander getrennt sind.

Zerrin Dalhoff

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen