: Schwarzwälder Kirsch oder Samt'Leder und Nieten?
■ Eine Idee, die Suche nach einem Laden, der Einzug und fertig ist das Männer(moden)projekt - so einfach dachte sich das eine Gruppe Ost-Berliner Männer und Modemacher / Doch dann kamen ihnen ein Konditormeister und die Kommunale Wohnungsverwaltung dazwischen...
Den Gedanken trugen Tom Schmidt und der Modedesigner Andree Valerius schon eine ganze Weile mit sich herum. Tom Schmidt: „Wir wollen uns in unserem Laden ganz dem Thema Mann widmen
-Schmuck, Schuhe, Bekleidung, Infos - alles soll dort erhältlich sein.“
Im November schon begannen die beiden, sich nach geeigneten Räumen umzusehen. Ein ehemalige Bäckerei in der Kastanienallee, die seit 1985 leerstand, bot genügend Platz für ihr Projekt. Also schickten sie eine Leerstandsmeldung an den Rat. Bis Ende Februar war jedoch von dort nichts zu hören. So begannen sie , ohne weiter auf den behördlichen Segen zu warten, mit dem Ausbau. Nachdem sie bereits ein paar Tausend Mark in die verfallene Bäckerei investiert hatten, tauchte ein Mann im Laden auf, stellte sich als Konditormeister aus der Prenzlauer Allee vor und erhob Anspruch auf die Räume. Sofort machten sich Schmidt und Valerius auf den Weg zur Wohnungsverwaltung. Die dort diensttuende Kollegin entschuldigte sich dafür, daß die Leerstandsmeldung im allgemeinen Durcheinander wohl verloren gegangen sei. Sie versprach , bis zu einer endgültigen Klärung der Angelegenheit den Bäckerladen nicht anderweitig zu vergeben.
Ein Woche später jedoch fand Tom Schmidt einen Zettel an der Tür: „16 Uhr ist die KWV vor Ort. Schulz, Wohnungsverwaltung 8“. Bereits gegen 14.30 Uhr klopfte es dann an der Tür. „Ich machte auf und sah zuerst mal nur einen mir vor die Nase gehaltenen Ausweis“, erinnert sich Tom Schmidt. Hinter dem Ausweis kam Herr Schulz von der KWV zum Vorschein. Gleichzeitig betraten durch die Vordertür der bereits erwähnte Konditormeister und vier weitere Personen den Laden. Offensichtlich fühlte sich der Meister aller Cremetorten genötigt, noch vier Freunde oder Kollegen zur Verstärkung mit in die Kastanienallee zu bringen. KWV-Schulz kam gleich zur Sache: Sofort wäre der Laden zu räumen - und sollten Schmidt und Valerius nicht dazu bereit sein, würde man schon Mittel und Wege finden...
Noch am gleichen Tag erwirkte Andree Valerius bei Gericht eine einstweilige Verfügung. Wie es nun weitergehen soll, weiß niemand. Tom Schmidt: „Der Konditormeister hatte eine Zuweisung vom 21.März. Zu diesem Zeitpunkt war der KWV unser Vorhaben längst bekannt. In der Umgebung gibt es noch einige andere leerstehende Bäckereien - warum sollte es nicht möglich sein, den Konditor dort unterzubringen?“ Sicher, ein Bäckerladen im Wohngebiet sei eine wichtige Sache. Doch sie wollten in einer Zeit, in der Kunst und Kunsthandwerk immer mehr in Richtung Westen ziehen, hier im Arbeiterbezirk Prenzlauer Berg ein Zeichen setzen. Sollte das jetzt an irgendwelchen Raumquerelen scheitern? Olaf Kampman
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