: „Dolmetscher brauchen wir nicht“
■ Die Leiterin der Kripodirektion V, Ellen Karau, zu dem Versöhnungsgespräch zwischen den Chefs der verfeindeten Jugendbanden „Black Panther“ und „36 Boys“
Anfang März fand in der Polizeidirektion V in der Friesenstraße ein Versöhnungsgespräch zwischen den sechs Anführern der verfeindeten Weddinger Jugendbande „Black -Panther“ und den Kreuzberger „36 Boys“ und deren Untergruppen statt. Beiden Gruppen gehören hauptsächlich türkische Jugendliche an, ihr Anhang beläuft sich auf rund 200 Jugendliche.
taz: Wie ist es Ihnen gelungen, die Anführer der verfeindeten Jugendbanden „36 Boys“ und „Black Panther“ an einen Tisch zu bekommen?
Ellen Karau: Die Beamten in unserer Ermittlungsgruppe waren von Anfang an bemüht, zu den uns bekannten Jugendlichen einen engen Kontakt zu bekommen. Dann haben wir ihnen klargemacht, daß es für alle Beteiligten sehr nachteilig wäre, wenn sich Hunderte von Jugendlichen gegenseitig schlagen. Und daß man als Anführer für seine Gruppe verantwortlich ist.
Wie verlief das Gespräch?
Erst mal haben die Anführer sich gegenseitig vorgeworfen, wer was gemacht hat, wer wen wie geschlagen hat. Wir wissen ja, daß unsere Jugendlichen oben im Wedding waren und die dortigen Taggs (Wandmalereien, d. Red.) übermalt haben, die „Black Panther“ hierher gekommen sind und hier die Taggs übermalt haben.
Was hatte das Gespräch für ein Ergebnis?
Das Gespräch ging eine ganze Weile. Einen Dolmetscher brauchten wir nicht, die Jugendlichen verständigten sich erst mal in Türkisch und haben uns das später übersetzt. Aus Gestik und Mimik konnte man aber sehen, worum es ging. Die sollten sich ja auch mal aussprechen, auf neutralem Boden. Sie haben einen Friedensvertrag geschlossen und sich darauf geeinigt, sich in Zukunft nicht mehr anzugreifen und nicht mehr zu schlagen. Dann haben sie sich umarmt und ihre Telefonnummern ausgetauscht. Wir haben das Ganze fotografiert. Zum Schluß gab's noch ein Gruppenbild, damit man uns das auch glaubt.
Was für ein Ziel hat die Polizei mit dem Treffen verfolgt?
Unser Ziel war, mit einer solchen Maßnahme die immer vorhergesagte große Auseinandersetzung verhindern zu können. Bislang, so scheint es, ist uns das auch gelungen. Die Anführer kommen her zu uns und essen hier zusammen Eis, und unsere Jugendlichen sind auch im Norden.
Hat das Treffen auch bewirkt, daß andere Jugendliche nicht mehr so häufig von Jugendbanden Überfallen werden?
In unserem Bereich, der Direktion V, sind die Taten zurückgegangen. Wir haben den Gruppenanführern mitgeteilt, daß wir die Taten kennen, nach wem wir fahnden und daß es immer gut aussieht, wenn man sich selbst bei der Polizei stellt. Die Anführer haben auf ihre Gruppenmitglieder eingewirkt, und einen einen Tag später kamen eine ganze Menge der Jugendlichen her.
Interview: plu
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