: ANZEIGE VOM STAATSSCHUTZ?
■ Der Text stammt nicht von Thomas Thoene
Am 26.2.90 erschien auf der „taz wiese“ ein 'grusz‘, welcher in Verbindung zu mir gestellt werden kann und soll.
Inhalt u. Sprache sind rational nur als lancierte Staatsschutzanzeige zu begreifen, in der die Auseinandersetzungen der letzten Wochen/Monate hier im Knast und insgesamt gegen mich auf eine 'höhere‘ psychologische Ebene gehoben werden sollen. Der 'grusz‘ soll aber auch alle Menschen - gerade uns Gefangene aus RAF und Widerstand treffen , die für die Zusammenlegung und damit Verbundenes kämpfen.
Der Text war: „Der Tag bis zum Endsieg ist nicht mehr fern. Grüße an alle kämpfenden Einheiten. Th. Th., P.S.: Macht kapput, was euch kaputt macht.“
Zweck ist, über den ausschließlichen Gruß an „kämpfende Einheiten“, sowie dem Kürzel „Th. Th.“ mich als Absender identifizierbar zu machen. Wurde mit drei GenossInnen Januar '89 vom OLG-Düsseldorf zu einem “ Mitglied einer kämpfenden Einheit“ erklärt und verurteilt. Das Initial „Th. Th.“ ( Thomas Thoene) ist dem Bullen- und Justizapparat als ein früher von mir benutztes bekannt. Der Satz „Macht kaputt,...“ ist unzweideutig die Aufforderung zu militanten Angriffen (von kämpfenden Einheiten).
Militante GenossInnen und Gruppen (sowie alle kämpfenden Menschen) bedürfen keiner 'Grüße‘ bzw. Aufforderungen (von mir) zu praktischen Initiativen. Sie wissen selbst, was sie zu tun haben!
Durch diese Anzeige soll auch der Legende einer „Zellensteuerung“ erneut Leben eingehaucht werden. Letzter Versuch das Umdrehen Helmuts Brief zum HS-Ende zum „Signal“ für die Aktion gegen Herrhausen bzw. die Staatsschutzpropaganda von angeblichen Funden von Anschlagsplänen oder dem Wegwerfen von für Bullen relevanten Papieren (wo sie sich auf Günter stürzten und über ihn beschlagnahmte Zeitungsartikel u.ä. von Razzien) in 'unseren‘ Löchern hochpushen wollten.
Nachdem sie das für sich erhoffte Klima - rausgekämpftes Zusammenkommen ab und an zu zweit, dritt oder viert wieder rückgängig machen zu können sowie die Legitimität der ZL -Forderung und die Haftentlassung der verletzten und kranken Gefangenen zu durchbrechen - nicht geschafft hatten, kommen sie mit dieser Anzeigentour raus. Das als Angriff gegen uns alle.
Als Angriff gegen mich - der aber grundsätzlich nicht als Angriff gegen uns alle getrennt werden kann: Der 'Gruß‘ wächst unmittelbar aus der Konfrontation, wie sie seit Wochen hier im Trakt und anderen Knästen läuft. Hier Belagerung, um meinen Blick von mir wichtigen politischen Sachen wegzukriegen auf ihre psychologischen Gehirnwäscheprogramme bzw. ihre (fiktive) „Übermacht“. Nachdem Reden (ein Knastbulle, Ausdruck des Kalküls: „ein bißchen weniger Ideologie“ oder Auseinandersetzung nicht nur „mit diesem ideologischen Personenkreis“, wobei er Finger auf Fotos gefangener GenossInnen hält) und „Schmackhaftmachen“ ihrer Programme nicht griffen, Dauerbombardements von Schikanen: willkürliche Zusatzzensur des Knastes, was die eigentlich zuständige OLG-Zensur passieren ließ, seit sieben Monaten Vorenthalten des eigenen Radios, Öffnen der Rechtsanwaltspost usw. - und das offensichtlich, um einerseits ständig dagegen anrennen zu lassen oder nix zu sagen ( und sie erst recht hochschrauben) und sich selbst zu erniedrigen, wobei bei Intervention ihr „Versehen“ und Lügen immer dreister werden.
Als RA dagegen in Gang gesetzt wurde, bekamen sie Brief spitz, in dem Bullennamen verzeichnet waren, auf wen RA sich beziehen muß - so ist der 'Gruß‘ als Reaktion zu ticken. Soll insgesamt emotional aufreiben und so die politische Identität kippen. Die Bullenanzeige ist „Höhepunkt“, wo sie ihren Möchte-gern „Übermachtapparat“ demonstrieren u. Ohnmacht produzieren wollen.
Kein auf mich reduzierter Angriff, sondern er läuft auch in anderen Knästen. Rolf - einziger „Straf„-Gefangener (neben Chris aus dem Widerstand und Bernd, der raus muß) aus der RAF in keiner „interaktionsfähigen Gruppe“ (sofern bei 2-4 er 'Gruppen‘ davon geredet werden kann) - der durch seine weitere Einzelisolierung in Einzelkämpfe provoziert werden soll (kurzzeitiges Verschleppen in Trakt, Distanzierungsforderung wegen Herrhausen etc.) und die Medienpropaganda (Zeitungsartikel-Funde hochkochen u. gleichzeitiges Verbreiten, er sei ein „Scharfmacher“ etc.) als Mittel hoffen, um erkämpfte Mini-„Gruppen“ rückgängig machen zu können. Genauso wie sie GenossInnen in „Gruppen“ zu widerstandslosen Objekten funktionalisieren wollen - das heißt auf der „einen Seite“ versuchen sie uns immer mehr wegzunehmen, auf der „anderen Seite“ drohen sie bei Widerstand und Soli-Aktionen (zum Beispiel eine Woche Soli -HS zu Grapo/PCE(r)), die Gruppen ganz auseinanderzureißen was sie zeitweise auch taten (Köln, Ffm, Aichach) bzw. die Bedingungen verschlechterten (Aichach).
„grusz“ soll auch das, was in Revisionsverhandlung wegfallen wird - bei „Straf„-zumessung wurden unsere Erklärungen als „Werbung“ nach neuem 129 a bewertet - wieder herstellen.
Wo die Beziehung zwischen kämpfenden Menschen lebt, lebt die menschliche Perspektive - da ist für Staatsschutz und solche Apparate etc. kein Platz.
Thomas Thoene, Hochsicherheitstrakt Bielefeld, 27/02/90
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